CDU/CSU will Gebärprämie einführen

■ CDU/CSU-Kommission tagte ohne konkrete Ergebnisse zum Abtreibungsrecht/ Im Juni wieder Treffen

Bonn (taz) — Von Mittwochabend bis Donnerstagabend saßen die CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten in ihrer Kommission zum Abtreibungsrecht zusammen: Trotz stundenlanger heißer Diskussionen konnten sie sich über die entscheidende Frage nicht einigen. Die lautet für die Union: Soll nach dem künftigen gesamtdeutschen Abtreibungsrecht die Entscheidung über eine Indikation bei der schwangeren Frau oder beim Arzt liegen. Zwei ungefähr gleichstarke Gruppen stehen sich in der Fraktion gegenüber. Rita Süssmuth, Rainer Eppelmann, Heiner Geißler wollen den Frauen die Entscheidung überlassen, Norbert Geis und Herbert Werner kämpfen verbissen für die Variante „der Arzt entscheidet“. Die Vorsitzende der „Gruppe der Frauen“, Ursula Männle, bot am Donnerstag einen faulen Kompromiß an: „Die Indikationsstellung erfolgt in gemeinsamer Entscheidung der Frau mit einem Facharzt ihrer Wahl.“ Die CSU- Frau stellt sich das so vor: Der Arzt muß schriftlich bestätigen, daß ihm die schwangere Frau die Gründe für den Wunsch nach einer Abtreibung dargelegt hat. Ursula Männle läßt jedoch offen, ob der Arzt schriftlich bestätigen muß, daß er diese Gründe als Indikation akzeptiert. Ebenso will sie sich nicht festlegen, ob die Gründe schriftlich festgehalten und somit durch Gerichte nachprüfbar gemacht werden sollen. Bereits vor einigen Wochen hatte der Deutsche Ärztetag in Hamburg ein Gesetz abgelehnt, das die letzte Entscheidung über eine Indikation den ÄrztInnen zuschiebt. Familienministerin Rönsch hatte daraufhin ihren so lautenden Vorschlag vorsichtig eingeschränkt. Anfang Juni will sich die CDU/CSU-Kommission noch einmal treffen, um sich auf Eckwerte für einen Gesetzentwurf zu einigen. Fest steht, daß Indikationslösung und Zwangsberatung „zugunsten des Lebens“ festgeschrieben werden sollen. Außerdem ist eine Gebärprämie von 1.000 Mark pro Kind im Gespräch. Auch in der SPD-Fraktion gibt es immer noch keinen Konsens über einen gemeinsamen Entwurf zum Abtreibungsrecht. Die Abgeordneten hatten sich auf die Fristenlösung geeinigt. Dabei soll die Frau auch bei einem Abbruch nach dem dritten Monat straffrei bleiben und nur der Arzt bestraft werden. Umstritten ist allerdings immer noch, ob es eine Zwangsberatung geben soll. Jürgen Schmude plädierte auf der SPD-Arbeitsgruppensitzung am Dienstag für eine solche „Pflichtberatung“, wie er es nennt. Die SozialdemokratInnen konnten sich auch nicht darauf einigen, wie hoch die Summe für soziale Hilfen angesetzt werden soll. In den Entwurf für eine Fristenlösung mit Zwangsberatung, den die FDP anfang dieser Woche ins Parlament eingebracht hatte, sind soziale Hilfen für Mütter und Kinder in Höhe von 15 Milliarden Mark vorgesehen. Die SozialdemokratInnen hatten ursprünglich 5,4 Milliarden geplant, wollen nun aber nicht hinter der FDP zurückstehen. Tina Stadlmayer