PRIMA KLIMA

■ Operation Wüstensturm beendet - Patient Golfregion tot

Seit zwölf Wochen verbrennen in Kuwait täglich bis zu einer Million Tonnen Rohöl. Vergangenen Samstag hat die Bundesregierung ein Meßflugzeug zum Persischen Golf geschickt, das genaue Daten über die Luftschadstoffe ermitteln soll — zwei weitere Flugzeuge für Bodenmessungen werden folgen. Zwar zögern die Metereologen noch, das in ganz Europa ungewöhnlich kalte Frühjahr auf die Öl-Feuer in Kuwait zurückzuführen, völlig ausgeschlossen wird eine Beeinflussung allerdings nicht, auch wenn die Simulationsmodelle, mit denen die Wetter- Computer mittlerweile gefüttert wurden, nur auf regionale Auswirkungen schließen lassen. Die SPD-Abgeordnete Monika Gansefroth, als Mitglied der Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ gerade aus Kuwait zurückgekehrt, bestätigt die Unsicherheit dieser Rechnungen: „Nach heutigem Erkenntnisstand ist an sich davon auszugehen, daß es ein regionales Problem bleibt. Unsere Wissenschaftler haben ja Modellrechnungen gemacht und sind zu diesem Ergebnis gekommen. Sie haben allerdings gesagt, daß die Ausgangsdaten, die sie für die Rechnung verwendet haben, relativ unsicher sind. Und Modellrechnungen sind immer nur so genau wie die Daten, mit denen man hereingeht. Das ist auch der Grund, warum es dringend erforderlich wäre, mehr Daten zu ermitteln, vor Ort ... im Grunde läuft da ein Experiment, wie wir es noch nie gehabt haben, das wir sozusagen live miterleben. Mit dem Ozonloch hat auch keiner gerechnet oder mit dem Waldsterben.“

Nun war zwar vor Beginn des Golfkriegs sehr wohl damit zu rechnen, daß bei einem Bombardement Kuwaits ein solches Höllenfeuer ausbrechen könnte, und nicht wenige haben schon aus diesem Grund vor einer Eskalation des Konflikts gewarnt. Dank des chirurgischen Genies des Superstrategen Schwarzkopf sind die schlimmsten Befürchtungen eingetreten: Operation Wüstensturm beendet — Patient Golfregion ökologisch tot. Gerade wurde der General von der englischen Queen dafür zum Ritter geschlagen, und es wird die Bombenstimmung der Bellizisten auch nicht verhageln, wenn die Sonne über dem Persischen Golf über Jahre hinweg kaum mehr zu sehen sein wird. Noch 250 Kilometer von den Bränden entfernt liegt die Temperatur zur Zeit um zehn Grad niedriger als im langjährigen Durchschnitt, auf einigen Gipfeln des Himalaja ist der Schnee bereits von einer schwarzen Rußschicht bedeckt. Selbst auf der Zugspitze haben Metereologen Rußpartikel des Brands gefunden.

„Verdirbt die Katastrophe von Kuwait auch das Wetter in Deutschland?“ fragt die 'Welt am Sonntag‘ entsetzt. Auch wenn die Experten diese Frage vorerst noch mit Nein beantworten — es wäre ein Hohn, wenn das Klima zwar im Jemen und in Indien, in Nepal und in Tibet ruiniert würde, in Deutschland und Europa — den Hauptsponsoren Saddam Husseins — aber nicht. Denn dieser Brand ist kein plötzlich und zufällig hereinbrechendes Naturereignis, er ist hausgemacht und wurde bewußt in Kauf genommen. Wenn dies, wie immer noch behauptet wird, ein „notwendiger Krieg“ war, dann sind die Öl- Brände eine „notwendige Katastrophe“. Man darf gespannt sein, wie die kriegstreibenden Amerikaner und Europäer beim Eintritt der drohenden Ernteausfälle den Menschen in Asien die Notwendigkeit des Verhungerns verklarfiedeln...

Und doch könnte, genau betrachtet, selbst dieses lodernde Höllenfeuer noch sein Gutes haben: Was dort in Kuwait jetzt verbrennt, wäre ja ohnehin verheizt worden. Keine einzige der Millionen Tonnen wäre in der Erde geblieben — Tropfen für Tropfen hätten wir durch unsere Vergaser und Heizungen, Partikel für Partikel als Emissionen in die Atmosphäre gejagt. Selbst wenn die Löscharbeiten, was niemand erwartet, in nächster Zeit von Erfolg gekrönt würden — gewonnen wäre nichts. Im Gegenteil: Das Zeug würde weiter verbrannt, nur eben nicht so konzentriert, sondern weiträumig verteilt, in Millionen von fast unsichtbaren kleinen Wölkchen aus Auspuffen und Schornsteinen. In Kuwait ist bis heute nicht mehr Öl verbrannt, als allein die Bundesrepublik in einem Jahr verjubelt — nur weil hier keine drohende schwarze Wolke am Himmel zu sehen ist, redet niemand von Katastrophe. Die Auto-Industrie boomt wie nie zuvor, Mercedes darf ungestraft einen Zwölfzylinder auf die Menschheit loslassen, und Altkanzler Helmut Schmidtler fordert den beschleunigten Autobahnbau: „Adolf-Nazi hat's doch vorgemacht, daß so etwas geht.“ Es wird Zeit, daß sich auch zwischen Rostock und Oberammergau der Himmel verdunkelt.

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