Krähengekrächze über Wasserabfluß und Computer

■ Arye und Simon Wachsmuth und Peter Sandbichler im Kunstbüro

Die Gruppenausstellung »Ayre und Simon Wachsmuth und Peter Sandbichler« stellt erstmals in Berlin drei Bildhauer vor, deren gemeinsamer Nenner — wenn man davon absieht, daß sie alle drei bei Peter Weibel in Wien studiert haben — die Erweiterung der skulpturalen Sprache mit Hilfe neuer Medien ist.

Peter Sandbichler, Jahrgang 1964, im doppelbodigem Bezugssystem von materialen Objekten, die trotz ihrer Eigenästhetik erst durch die mediale Erweiterung Sinn machen. Im Kunstbüro Berlin ist exakt geometrischer, vieleckiger Raumkörper ausgestellt, der innen rot gepolstert ist. Erst wenn man der Aufforderung nachgekommen ist, sich mit dem Kopf in dem Objekt auf den Boden zu legen, verbindet sich das schon im Raum wahrgenommene Krähengekrächze vom Band mit der Geometrie des Objekts zu einem fast wesenhaften Klangkörper. Da die Architektur des Raumkörpers den Schall so geschickt reflektiert und unweigerlich mit Krähen Landschaft und Weite assoziiert wird, scheint sich das Objekt schon nach wenigen Minuten zu immer größerem Volumen auszudehnen.

Mit anderen Mitteln zeichnen Ayre und Simon Wachsmutz die Differenz zwischen Schein und Sein, Virtualtiät und Realität. Ayre Wachsmuth, Jahrgang 1962, installierte zwei Stellwände, deren obere Hälften von großformatigen Farbnegativen ausgefüllt werden. Die unteren Hälften sind wechselseitig mit Spiegelfolie beklebt, so daß je nach Position des Betrachters immer auf einer Seite Galerieboden und Betrachterbeine gespiegelt werden. Das Sujet des Spiegels wird von den Motiven der Farbfotos aufgenommen. Sie zeigen Aufnahmen von einem Wasserabfluß, der durch Spiegelfolie bis zu Unidentifizierbarkeit verzerrt wurde.

Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Simon Wachsmuth, Preisträger für Computeranimation der Ars Electronica 1989, präsentiert ebenfalls in dualer Symmetrie zwei körperhohe Vitrinen, deren Sockel in Recklinghausener Biedermaierästhetik mit Nußbaumfolie beklebt sind. In Anlehnung an die leider aus der Mode gekommenen Fernsehschränke sind in ihren Monitor eingebaut. Doch die schöne Bilderwelt richtet sich nicht an den externen Betrachter, sondern bleibt in den gläsernen Türmen gefangen. Bei der linken Vitrine ist der Monitor in den Sockel eingelassen und nach oben gerichtet, bei der rechten oben eingebaut und nach unten gerichtet, sodaß das eigentliche Videobild nur als Endlosspiegelung der Glasflächen betrachtet werden kann. Im Kontrast zu dem kleinbürgerlichen Barock der äußeren Form ist die Bilderwelt des »Meta- Mediums« Fernsehen auf das Äußerste reduziert worden. Der kreisrunde Bildausschnitt zeigt ausschließlich zwei schwarze Balken, die die Kreisfläche zu verschiedenen geometrishen Formen variieren.

Wachsmuth sagt ergänzend dazu: »Wählt man den Computer oder allgemein ein elektronisches Medium als Ausdrucksmittel, so setzt die die Bereitschaft voraus, sich auf eine visuell sehr »konkrete«, begrifflich jedoch sehr vage Ästhetik einzulassen.« Thomas Sakschewski

Die Ausstellung im Kunstbüro Berlin ist verlängert bis Ende Juni, Skalitzer Straße 33, 1-36, Do-So 15-19 Uhr.