Die K1 der Magdeburger Kripo war Stasi-Handlanger

■ Innenminister Braun war eine „sehr wichtige und ergiebige Quelle“/ Gies wirft sich immer wieder und unentwegt für seinen Protegé in die Bresche

Magdeburg. Sachsen-Anhalts Innenminister Wolfgang Braun sitzt fest im Sattel. Weder Eierwürfe (auf Kohl) noch die vom 'Spiegel‘ veröffentlichte Personalkarteikarte konnten ihn bisher ins Wanken bringen. Auch Ministerpräsident Gies, der laut 'Spiegel‘ der Farbloseste unter den Farblosen ist, ließ sich in keiner Weise davon abhalten, sich ein weiteres Mal schützend vor seinen Protegé Braun zu stellen.

Was die Vergangenheit von Braun betrifft, steht die Beantwortung einer großen Anfrage von SPD und Bündnis 90/Grüne ins Hohe Haus, die Klarheit zu Brauns Vergangenheit schaffen soll. Wenn das nicht gelingt, wollen SPD und Bündnis 90/ Grüne einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß beantragen.

Braun, ehemaliger Justitiar des VEB Altstoffhandel, war in seinem ersten Leben verpflichtet gewesen, Rechtsverletzungen an die Abteilung K1 der Kripo zu melden. Daß diese Abteilung nicht nur für Wirtschaftsverbrechen zuständig gewesen war, müßte er eigentlich nun als Innenminister besser wissen, da die K1 auch mit der „Sicherung der Transitwege sowie mit Ermittlungen wegen Republikflucht und anderer Verbrechen gegen den Staat DDR“ befaßt war. Wenn Brauns Personalkarte, die der 'Spiegel‘ ausgegraben hat, echt ist, dann war er ein kriminalpolizeilicher Mitarbeiter der Spitzenklasse. Ein Eintrag besagt, daß Braun erst am 20. Dezember 1989 als Informant gelöscht worden ist, nachdem er bereits 1978 angeworben wurde. „Das bedeutet, daß er für die K1 eine sehr wichtige und ergiebige Quelle war“, sagt Jürgen Vogel vom Magdeburger Bürgerkomitee. „1985 gab es in den Karteien von Stasi- und Kripo das große Reinemachen.“ Karteileichen und unwichtige Informanten wurden einfach gelöscht, der Spitzelapparat sollte effektiver und deshalb gestrafft werden.

Und daß Braun als IKM nicht für die Stasi tätig war, stimmt auch nur mittelbar. Denn die als „Geheime Verschlußsache GVS-0008 42/87“ klassifizierte Durchführungsbestimmung des MfS „über das politisch- operative Zusammenwirken mit dem Arbeitsgebiet 1 der Kriminalpolizei“ machte die K1 zum Handlanger der Stasi. Gemäß dieser Durchführungsbestimmung gehört zum Beispiel auch die „inoffizielle Kontrolle von Personen, insbesondere solcher, die wegen ungesetzlichen Grenzübertritts vorbestraft sind, die hartnäckig versuchen, ihre Übersiedlung zu erreichen und von besserungsunwilligen Kriminellen“ zu den definierten Aufgabengebieten der K1. Und für solche inoffiziellen Kontrollen wurden die IKMs eingesetzt.

Brauns Berichte an die K1 werden deshalb immer interessanter. Und diese Berichte muß es noch irgendwo geben, glaubt Jürgen Vogel. Und zwar im Bezirksarchiv der Stasi. „Und wenn sie da nicht mehr sind, dann wird es langsam Zeit, daß der Staatsanwalt seine Ermittlungen aufnimmt und nachforscht, wo sie denn geblieben sind.“

Nicht nur Oppositionspolitiker fragen sich mittlerweile, wie lange Ministerpräsident Gies seinen Innenminister noch halten kann. Braun ist längst zu einer Belastung der Regierungsarbeit geworden. Gies wirft sich aber immer wieder unentwegt in die Bresche. „Braun muß“, mutmaßt SPD-Fraktionssprecher Jürgen Kriesch, „irgend etwas über die Vergangenheit von Gies wissen, was der gern verborgen wüßte.“ bl