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Inkaweizen boomt in Zivilisationsküchen

■ Naturkostläden entdecken „Wunderkorn“ der Andenvölker/ viele Vitamine und Mineralstoffe

Sie heißen Quinoa und Amaranth, haben eine Geschichte, die mehrere tausend Jahre zurückreicht und bei den Inkas endet und sie erleben einen Boom wie kaum ein anderes Produkt auf dem Naturkostmarkt: Die Körner, die gemeinhin als „Inka-Weizen“ bezeichnet werden. Obwohl sie rein botanisch nicht miteinander verwandt sind, haben Quinoa (sprich: Kienwa, ein Gänsefußgewächs wie Rote Bete) und Amaranth (ein Fuchsschwanzgewächs) vieles gemeinsam: Einen hohen Gehalt von Mineralstoffen und Vitaminen, kaum Ansprüche an den Boden, und sie sind glutenfrei — also ein wichtiges Nahrungsmittel für Allergiker, z.B. für Zöliakie- und Spruekranke, deren Organismus ein bestimmtes Eiweiß nicht verarbeiten kann.

Bei den Andenvölkern wurde der Inkaweizen als „Wunderkorn“ verehrt. Sie glaubten, daß das „Kiwicha“ ihnen übernatürliche Kräfte verleihe — nicht ganz zu Unrecht. Denn der mittlerweile 5.000 Jahre alte Inkaweizen gehört zu den ausgewogensten Nahrungsmitteln. Westliche Ernährungswissenschaftler haben entdeckt: Quinoa und Amaranth enthalten mehr pflanzliches Eiweiß, Magnesium, Calcium, Eisen und Vitamin C als unsere bekannten Getreidearten. In der Analysetabelle steht beim Calcium-Gehalt Quinoa mit 110, Amaranth mit 490 mg pro 100 Gramm, Weizen dagegen mit nur 40, Reis mit 10 mg.

Die Conquistadores (spanische Eroberer) verboten mit ihrer gewaltsamen Christianisierung das Korn wie alles, was kultisch mit heidnischen Bräuchen verbunden war. Westliche Getreidearten setzten sich auch bei den Andenvölkern durch. Nur in abgelegenen Tälern hatte sich der Anbau des Inkaweizens erhalten. Heute versuchen Entwicklungsprojekte, ihnen ihren eigenen Weizen für Anbau und Verzehr wieder nahezubringen.

Die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit in Eschborn) hatte vor zwei Jahren ihre äußerst erfolgreiche „Sales- Promotion“ für den Quinoa begonnen. Heute kommen die Bauern im Hochland von Ecuador mit der Produktion der steigenden Nachfrage kaum noch nach. Genossenschaften in Kolumbien und Peru ziehen nach, Bolivien wurde gerade erst für das Produkt begeistert. „Dr. Ritter“, ein Gesundheitsableger des Nestle-Konzerns, hat Quinoa als Suppe, als hirseähnliche Beilage und als Riegel auf den Reformhaus-Markt gebracht. Es kann Müslis zugesetzt werden, man kann Risotto oder Auflauf damit kochen oder Quinoa zu Schrot, Flocken oder Mehl vermahlen, um es dann zu Brot, Kuchen oder Pfannkuchen zu verbacken. Lieken's Vollkornbäckerei hat es in sein Sortiment aufgenommen.“Bei uns greifen vor allem jüngere Leute, die etwas Exotisches für ihren Speiseplan suchen, nach dem Inkaweizen“, sagt Horst Kohlmorgen, Bremer Reformhaus-Besitzer. Er hatte das Korn entdeckt, als er eine glutenfreie „Ecke“ in seinem Laden einrichtete: „Das war, nachdem wir hier in Bremen den ersten Ärztekongreß für Sprue-und Zöliakiekranke mitorganisierten.“In den Naturkostläden hat sich vor allem das Müsli mit dem leicht nussig schmeckenden, verpufften Amaranth einen festen Platz im Regal erobert. Wenn es auch dort kein wahrnehmbarer „Renner“ ist, haben es doch die meisten Großhändler in ihrem Repertoire.

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