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Nord- und Südkorea wollen in die UNO

 ■ Aus Tokio Georg Blume

Nordkorea wird sich unabhängig von Südkorea um die Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen bewerben. Diesen weitreichenden Kurswechsel in der Außenpolitik Pjongjangs verkündete gestern die offizielle nordkoreanische Nachrichtenagentur. Damit werden Süd- und Nordkorea vermutlich schon im Herbst dieses Jahres gleichzeitig, aber in getrennten Verfahren die UNO-Mitgliedschaft beantragen.

Erstmals hatte die Sowjetunion 1949 einen Zulassungsantrag Südkoreas bei den Vereinten Nationen mit dem Vetorecht abgeschmettert. Seither währte der scheinbar unendliche Konflikt zwischen Seoul und Pjongjang, in dem erst jede Seite, später nur noch der Norden das Alleinvertretungsrecht für den koreanischen Staat beanspruchte.

Weil das jahrzehntelange Patt zwischen den Supermächten im Sicherheitsrat der UNO beide Aufnahmeverfahren aussichtslos erscheinen ließ, bewarben sich dann weder Süd- noch Nordkorea um das ersehnte UN-Mandat. Nun aber hat die Geschichte die Vorzeichen im koreanischen Diplomatiespiel grundsätzlich verändert. „Für Nordkorea gibt es derzeit keine Alternative als selbständig die UN-Mitgliedschaft zu ersuchen“, gab die Regierung in Pjongjang bekannt. Ein nordkoreanischer Sprecher betonte: „Ich hoffe, daß es sich nur um eine Maßnahme für eine vorübergehende Phase handelt.“

In den letzten Jahren, als sich Seoul bereits mit einer getrennten UN-Mitgliedschaft abfinden wollte, hatte sich der Norden unter Berufung auf die nationale Idee stets geweigert, einem getrennten Aufnahmeverfahren zuzustimmen, und machte auch den Fortgang des innerkoreanischen Dialogs davon abhängig.

Heute zwingt die internationale Isolation den Diktator Kim Il Sung zum Handeln. Gorbatschow hatte Seoul bereits zum Alleingang in der UNO aufgefordert. Und auch auf China, das sich bislang neben der UDSSR für ein UNO-Veto zu Gunsten Nordkoreas verbürgte, konnte sich Pjongjang nicht mehr verlassen.

In Seoul wurde die Entscheidung aus dem Norden mit viel Applaus aufgenommen und als Ergebnis der eigenen diplomatischen Erfolge gewertet. Auch die Vereinten Nationen begrüßten den nordkoreanischen Entschluß.

Ob damit auch der innerkoreanische Dialog einen neuen Elan erhält, ist freilich offen. Ein seit Monaten ausstehendes Folgetreffen der Premierminister beider Teilstaaten lehnt Nordkorea derzeit ab. Noch unsicherer erscheint, ob die UNO Pjongjang bewegen kann, die nuklearen Forschungsanlagen Nordkoreas internationalen Kontrolleuren zu öffnen. Atomwaffenverzicht ist schließlich keine Aufnahmebedingung der Vereinten Nationen.

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