»Deutsche Ritter und Bauern«

■ Wie ahnungslosen Baugenossen der rechte Blick auf die deutsche Geschichte beigebracht wird

Berlin. Märkisch ist sie, gemeinnützig und vor allem: deutsch. Jedenfalls, wenn es nach dem Chef geht. Die Rede ist von der Märkischen Baugenossenschaft EG und ihrem Geschäftsführer Diethard Hasler. Am Donnerstag abend erteilte eine 90-Prozent-Mehrheit der Baugenossen dem Herrn über mehrere hundert Mieteinheiten den Segen für ein weiteres Amtsjahr. 10 Prozent waren anderer Meinung.

Der Diplompolitologe Hasler verantwortet einen Geschäftsbericht, der äußerlich daherkommt, wie eine Rep-Wahlbroschüre und innen bei weitem übertrifft, was der Umschlag verspricht. Deutsche Einheit 1990 prangt dort, wo eigentlich das Wort »Geschäftsbericht« hingehört. Auf der Umschlaginnenseite, schwarzrotgoldenes Fahnenmeer, Reichstag. Daneben, Hasler am Schreibtisch, smart, sonnengebräunt, Goethe- Zitat. Und dann die Grußworte des »Politologen« an die »Lieben Mieter und Genossenschaftsmitglieder«. Der Vollzug der Wiedervereinigung, »konnte nur mit dem Verlust des deutschen Ostens, einem Viertel des Reichsgebietes festgeschrieben werden«. Damit wurde »auch von deutscher Seite die in den letzten vierzig Jahren von Polen und Russen vollzogene Vernichtung deutschen Kultur- und Wirtschaftsgutes sanktioniert, welches deutsche Ritter und Bauern, Mönche und Künstler, Handwerker und Arbeiter in einem dreiviertel Jahrtausend zuvor geschaffen hatten.«

Erstaunlich ist: Hasler lobt Kohls Moskauer Deutschland- Vertrag als »diplomatische Meisterleistung«. Aber: »Wir selbst sollten souverän beginnen, einer teilweise doch sehr verlogenen Nachkriegsgeschichtsschreibung der Siegermächte des 2. Weltkrieges« die Fakten gegenüberzustellen. Hasler fängt schon mal an. Er fragt, warum »Polen heute ausgerechnet nur seine Westgrenze mit den völkerrechtswidrig annektierten Gebieten Schlesien, Pommern und Teilen Ostpreussens vertraglich sanktioniert haben möchte«, beklagt zwei Millionen (deutsche) Menschen, die »von Polen und Russen noch nach Ende der Kriegshandlungen erschlagen und zu Tode gehetzt wurden«, erinnert an »Hunderttausende von Deutschen, die in den von der Roten Armee unterhaltenen Konzentrationslagern ermordet oder um ihre Gesundheit gebracht wurden«, wütet gegen »brutale Vertreibung« von fast vier Millionen Sudetendeutschen und die »bestialischen Mißhandlungen«, die sich Tschechen und Slowaken an Deutschen zu Schulden haben kommen lassen. Die Tirade kulminiert schließlich genau dort, wo sie zielstrebig hinsteuert. »Bezeichnenderweise« komme »wütende Kritik« am gesamtdeutschen Vertragswerk von Gregor Gysi (PDS) und jenen, »die sich noch wenige Monate vor dem Sturz des Honecker-Regimes aus den blutbefleckten Händen des Mauermörders mit einem der höchsten Orden dekorieren ließen (Juden-Zentralratsvorsitzender Galinski)«.

1.226 Mitglieder hat die Märkische Baugenossenschaft. Eine Genossin meinte am Donnerstag, die Worte des Vorsitzenden Hasler seien »bodenlos reaktionär« und hätten »im Rechenschaftsbericht einer Wohnungsbaugenossenschaft nichts zu suchen«. Der Aufsichtsrat möge Hasler abmahnen. Von 150 Anwesenden waren etwa 135 nicht dieser Meinung. Gerd Rosenkranz