Kieler CDU haftet an Barschel

Nur halbe Erneuerung in Kieler CDU/ Hennig führt CDU in den Landtagswahlkampf  ■ Aus Kiel Jürgen Ötting

Der frühere schleswig-holsteinische CDU-Ministerpräsident und derzeitige Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg wird seine Landespartei an langer Leine in den Landtagswahlkampf führen. Der am Samstag im dithmarsischen Städtchen Meldorf gewählte Spitzenkandidat zur Landtagswahl im nächsten Frühjahr ist „sein Mann“. Der parlamentarische Staatssekretär des Verteidigungsministers Ottfried Hennig wurde mit 92 Prozent der Delegiertenstimmen zum Herausforderer Björn Engholms gekürt.

Hennig, der Stoltenberg nach der Barschel-Affäre im Landesvorsitz ablöste, hatte in den vergangenen Wochen mit einem innerparteilichen Kraftakt dafür gesorgt, daß die CDU-Landesliste zumindest einen Hauch von Erneuerung aufweist. Gegen den Willen der Kreisvorsitzenden entwarf er ein Listenmodell, in dem jeder zweite Platz von einem Neuling besetzt wird. Bis zum Listenplatz 11 setze es sich in Meldorf durch, erst dann begannen die Kampfabstimmungen. Aber auch die Hennig-Liste ist noch von ehemaligen Barschel-Getreuen durchsetzt.

Auf dem zweiten Listenplatz steht Klaus Kribben, seit einigen Monaten wieder Fraktionsvorsitzender im Kieler Landtag. Dieses Amt hatte er bereits zu Regierungszeiten Barschels inne. Er war für gut zwei Jahre vom liberalen Heiko Hoffmann abgelöst worden, der inzwischen vom Hennig-Clan in die politische Wüste geschickt wurde.

Auch der liberale Trutz Graf Kerssenbrock fehlt auf der Liste. Er war in seinem Heimatwahlkreis bei der Aufstellung des Direktkandidaten durchgefallen und zog sich aus der Parteipolitik zurück.

Auf Platz neun folgt ein weiterer Haudegen aus der Barschel-Ära, der ehemalige Innenminister Carl-Eduard Claußen. Auch der Kultusminister Uwe Barschels, Peter Bendixen, wurde wieder auf einen aussichtsreichen Listenplatz gewählt.

Aber die Kieler Affäre wird nicht nur durch die Ex-Minister im öffentlichen Gedächtnis wachgehalten. Pünktlich zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase zu Beginn des nächsten Jahres wird vor großer Pressekulisse die Verhandlung des Kieler Landgerichts gegen den ehemaligen Barschel-Sprecher Herwig Ahrendsen beginnen.

Bei der Landtagswahl im Mai 1988 war die CDU im Gefolge der Barschel-Affäre auf 33,3 Prozent abgesackt. Die SPD hatte 54,8 Prozent und 46 Sitze erreicht.