: „Die Idee hatte unser Lehrer“
■ Preisverleihung im Wettbewerb „Dem Haß keine Chance“ / 100 Einsendungen
Die rotbefrackten Rathausdiener mußten die silbernen Tabletts ungewohnt tief halten, damit die Steppkes an den Orangensaft kommen konnten. Gut 200 SchülerInnen standen gestern zur Preisverleihung des Wettbewerbes „Dem Haß keine Chance“ bei Bürgermeister Klaus Wedemeier auf der Matte. Die Jury hatte über 100 Arbeiten aus Schulen und anderen Jugendgruppen zu begutachten.
Der Bürgermeister lobte vor allem die hervorragende Qualität der Einsendungen. Die Jury habe die Qual der Wahl gehabt und mußte zusätzliche Sonderpreise akquirieren, um den TeilnehmerInnen gerecht zu werden. Ausgezeichnet wurden Theaterstücke, Videos, Gedichte, Bilder, Fotodokumentationen, Musikstücke und Hörspiele, in denen sich die Jugendlichen mit dem Thema Ausländerfeindlichkeit auseinandergesetzt hatten: Wie kommt sie zustande, wie kann man ihr begegnen? Zu gewinnen waren 1.000 Mark für die Klassenkasse und zahlreiche Sachpreise.
Der Wettbewerb wurde 1988 vom Senat als Reaktion auf den Einzug der DVU in das Bremer Landesparlament ausgeschrieben. Beim ersten Durchlauf 1989 wurde die Preisverleihung wegen Desinteresse der Jugendlichen abgesagt. Gerade zwei Einsendungen waren in den Briefkasten des Senats geflattert. Mit einer ordentlichen Organisationsspritze durch Bildungssenator Scherf lief der Wettbewerb dann ein zweites Mal an. Scherf hatte die Preise erhöht und die Bewerbungsunterlagen über seinen Schulverteiler an die Jugendlichen gebracht.
„Die Idee hatte unser Lehrer“, hieß es dann auch unisono bei den teilnehmenden Gruppen. Oder: „Unser Lehrer hat gesagt, daß er es ganz gut fände, wenn wir was machen würden.“ Wie hatte doch Bürgermeister Wedemeier in seiner kurzen Ansprache gesagt: „Obrigkeitsdenken, Aggressonsbereitschaft, Anpassung und Duckmäusertum“ gefährdeten immer wieder das friedliche Zusammenleben. „Werden wir so erzogen, daß wir solidarisch und politisch handeln können?“
Den SchülerInnen hat der Senatsempfang ohne Zweifel Spaß bereitet, auch, wenn sie sich von den emsigen Rathausdienern ermahnen lassen mußten: Jeder solle sein Glas festhalten, sonst reiche das Geschirr des Rathauses nicht. „Aber das sagen wir den Großen auch immer beim Sektempfang“, erklärte eine rote Frackschwalbe. mad
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