Wer kriegt Geld für Konversion?

■ SPD gegen Mitbestimmung bei Vergabe des neuen Rüstungskonversions-Fonds

„Rüstungskonversion“ ist stubenrein geworden. Jahrelang hatten aufrechte Gewerkschafter um das unangenehm bohrende, moralische Stichwort lieber einen Bogen gemacht, weil es letztlich auf Kosten von Arbeitsplätzen gehen könnte. Der Zusammenbruch des Ostblocks macht es zwingend, die Rüstungskosten radikal zu reduzieren. Der Umstellungsprozeß soll „abgefedert“ werden mit Millionen aus Bonn und aus Brüssel, kurz: Es gibt Geld!

Die IG Metall, die lange das Thema in Arbeitskreisen am linken Rand der Organisation abgedrängt gehalten hatte, hat es jetzt plötzlich im Superlativ entdeckt. „Konversionsfonds sind das geeignetste Instrument zur gezielten Bereitstellung von Haushaltsmitteln...“, schreibt die Gewerkschafszentrale in Frankfurt, in einem „Beirat“ müßten Gewerkschafter mitreden dürfen.

Geld verteilen sollten die „zuständigen Gremien des Parlaments „und sonst niemand“, widerspricht Dr. Porschen von der Bremer Handelskammer. Die Bremer SPD-Fraktion will heute mit einem „Dringlichkeitsantrag“ in der Bürgerschaft in den Konflikt eingreifen. Viele schöne Formeln stehen darin und dann, daß der wohl unvermeidliche Beirat „Vorschläge für die programmatische Ausgesaltung des Konversionsfonds unterbreiten“ soll — also keine Kompetenzen, keine Rechte, keine Mitbestimmung.

Als Folge der Abrüstung bis 1994 können zwischen 6.000 und 10.000 Arbeitsplätze gefährdet sein, schreibt die SPD-Fraktion. Die notwendige Umstellung der bremischen Wirtschaft sei nur durch eine „Gemeinschaftsanstrengung“ zu bewältigen — Gemeinschaft der betroffenen Unternehmen, des Bundes, der Europäischen Gemeinschaft und des Landes Bremen.

Die Angestelltenkammer hat gestern widersprochen: Damit die auf militärische Produktion eingefahrenen Strukturen in den Unternehmen auch entsprechend den Anforderungen der zivilen Märkte verändert werden, sollten die Arbeitnehmer in den betroffenen Betrieben an den Konversionsentscheidungen beteiligt werden: „Nur wenn dieses Kriterium erfüllt ist, dürfte der Staat das jeweilige Unternehmen fördern.“

Am vergangenen Freitag hatte die ÖTV zu einem „Talk-Shop“ über das Thema geladen. Das heiße Eisen „Beiratskompetenzen“ wurde nicht aufgegriffen, offenbar will die Bremer IGM die Position ihrer Zentrale nicht gegen die Bremer SPD-Fraktion vertreten. Er habe den Eindruck, daß da „sehr allgemein etwas drumherum geredet“ worden sei, faßte IGM-Sekretär Manfred Muster zusammen. „Quasselude“ hatte der seit Jahren beim Vulkan aktive „Arbeitskreis Nützliche Produkte“ die Veranstaltung genannt und den Verdacht geäußert, hier wollten IGM-Funktionäre sich mit Federn schmücken, die sie nicht gerupft hatten.

Christoph Butterwegge von der Stiftung Rüstungskonversion provozierte die Gewerkschafter mit der Feststellung, man komme „aus der Froschperspektive des eigenen Arbeitsplatzes als Angelpunkt der Konversion“ nicht weiter. Ein „grundlegender Umbau der Gesellschaft“ sei notwendig.

Unternehmen wie MBB oder Vulkan haben sich bisher wenig für die Konversions-Vorschläge ihrer Mitarbeiter-Arbeitskreise interessiert. Von „Mitbestimmung“ wollen sie nichts wissen. Sie verfahren anders, wußte Uli Draub vom Umweltsenator zu berichten: Sie „kaufen“ nichtmilitärische Betriebe einfach ein, das bessert zumindest den „Rüstungsanteil“ in der Statistik. Und sie lassen die zivilen Produkte risikolos von Fremdfirmen ausprobieren, bevor sie damit die eigene „Bude“ verunsichern. K.W.