Steht RAF-Auseinanderlegung bevor?

NRW-CDU fordert Trennung der Kölner RAF-Gefangenen/ FDP-Fraktionschef: Auseinanderlegung in „absehbarer Zeit“ beschlossene Sache/ Von Stahl fühlte sich von „Panorama“ erpreßt  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die von Generalbundesanwalt Alexander von Stahl in dem Fernsehmagazin Panorama losgetretene Debatte über die Zusammenlegung von RAF-Gefangenen hat am Dienstag in einer Sondersitzung des Düsseldorfes Landtages eine hitzige Fortsetzung gefunden. Der nordrhein-westfälische CDU-Oppositionsführer, Helmut Linssen, warf der SPD-Landesregierung dabei vor, mit ihrer „weichen Linie bei der Behandlung von RAF-Terroristen“ gescheitert zu sein und forderte die sofortige Trennung der vier in Köln inhaftierten RAF-Frauen. In Köln-Ossendorf sitzen Christa Eckes, Sieglinde Hofmann, Ingrid Jakobsmeier und Adelheid Schulz mit 40 weiteren weiblichen Gefangenen in einer Abteilung ein. In seiner Entgegnung wies der NRW-Justizminister Rolf Krumsiek darauf hin, daß „sowohl der Bundesjustizminister als auch der Generalbundesanwalt dringend von einer Trennung der Gefangenen im gegenwärtigen Zeitpunkt abgeraten“ hätten. Gleichzeitig deutete Krumsiek aber an, daß sich die Geschäftsgrundlage für die „Zusammenführung“ in Köln völlig geändert habe. Die vier inhaftierten Frauen hätten die „Erwartungen bislang enttäuscht“ und es sei nicht erkennbar, „daß in absehbarer Zeit ein grundlegender Wandel eintreten könnte“. Bei Zellendurchsuchungen in Köln im Frühjahr 1991 sei „konspiratives Schriftgut“ sichergestellt worden, das „detaillierte Planungen“ für einen neuen Hungerstreik beinhalte. Damit sei „eine völlig neue Situation eingetreten“, zumal bei drei der Inhaftierten neue Verdachtsmomente für schwere „terroristische Straftaten aus der Zeit vor ihrer Verhaftung“ bestünden.

Daß die Auseinanderlegung nur noch eine Frage der Zeit ist, sprach während der Debatte der FDP-Fraktionschef, Achim Rohde, überraschend offen an. Er hatte erst vor wenigen Tagen ein Gespräch mit dem Bonner Justizminister Klaus Kinkel geführt. Der jetzige Zustand werde allein mit Rücksicht auf „Fahndungs- und Sicherheitsbedingungen“ aufrechterhalten. Die von der CDU geführte Debatte sei deshalb „unseriös“, denn um die Auseinanderlegung gehe es gar nicht mehr. Rohde wörtlich: „Die ist doch beschlossene Sache. Daß die Auseinanderlegung in absehbarer Zeit ansteht, Herr Linssen, das wissen Sie, das weiß ich, das weiß die Bundesregierung, das weiß die Landesregierung.“ Nur der Tag stehe noch nicht fest, und der hänge von der Entscheidung der Bundesregierung ab. Unklar sei ihm aber, so Rohde, warum diese „diffizile“ Thematik überhaupt öffentlich diskutiert werde.

Inzwischen hat Generalbundesanwalt von Stahl, der — wie berichtet — in der Panorama-Sendung erstmals das Schweigen über die Kassiberfunde gebrochen hatte, dazu intern Stellung genommen. Von Stahl war wegen seines öffentlichen Auftritts insbesondere von Bundesjustizminister Kinkel massiv in die Mangel genommen worden. Sein Motiv für das Interview sei es gewesen, so rechtfertigte sich von Stahl gegenüber Kinkel, eine für die Sicherheitslage weit gefährlichere Veröffentlichung abzuwenden. Der Panorama-Redaktion habe ein Brief Krumsieks an Ministerpräsident Rau vorgelegen, dessen Veröffentlichung man unbedingt habe verhindern müssen. Er sei von der Panorama-Redaktion regelrecht erpreßt worden. Was in dem Krumsiek-Brief steht, ist nicht bekannt. Die Darstellung des Generalbundesanwalts ist nach gesicherten Informationen der taz in einem Vermerk des beamteten Staatssekretärs im Bonner Justizministerium festgehalten.

Pünktlich zur Debatte im Landtag veröffentlichte das Düsseldorfer 'dpa‘-Büro am Dienstag Auszüge aus einem internen Papier des Generalbundesanwaltes vom Anfang dieses Jahres, in dem es heißt, „daß die RAF überhaupt nicht daran denkt, als Gegenleistung für die Zusammenlegung von inhaftierten Gesinnungsgenossen von bewaffneten Aktionen Abstand zu nehmen“. Zum Führungszirkel der RAF-Gefangenen, die nach Auffassung des Generalbundesanwalts einen neuen Hungerstreik planen, zählt der oberste Ankläger der Republik in dem Papier Helmut Pohl, Eva Haule, Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und die in Köln einsitzende Adelheid Schulz.