Luther und Bernard Allison

■ Vater und Sohn tragen allein die Last des Blues bei »Hopfen & Malz«

»Open Air Spektakel« prankt es in Riesenlettern vom Plakat. Nichts besonderes: Zwischen April und September wird für zig verschiedenartigste Freiluftveranstaltungen geworben. Hätte mich mein gut funktionierender BND (Blues-Nachrichtendienst) nicht schon vor ein paar Wochen informiert, daß in der alten Schultheiß-Brauerei in der Schönhauser Allee ein paar Blues-Leute auftreten sollen, hätte ich mir nicht fast die Nase plattgedrückt, um die kleingedruckten Namen — etwa doppelt so groß wie diese Druckschrift — auf dem Poster entziffern zu können. Tatsächlich, da stand unter einem großen »Hopfen & Malz« (also ehrlich, mit einem Bier ist doch niemand auf ein Festival zu locken) ganz winzig Bob Geldof (am gestrigen Freitag), Bernard Allison, Luther Allison, Albert Collins. Dabei sind die Herren so bekannt, daß durchaus mit ihrem Namen alleine geworben werden kann.

Und während ich gerade mein nächstes Lamento zu Papier bringen wollte, nämlich über die jahrzehntelange Ignoranz, unter der ein so brillianter Gitarrist wie Albert Collins zu leiden hatte, der einen absolut eigenen, kaum nachahnbaren Stil entwickelt hatte, also wirklich original und orginell ist, da rattert die Fax-Maschine: Tournee abgesagt wegen Herzschwäche.

Jetzt muß Luther Allison die Last des Blues tragen, alleine einen Festivaltag zu bestreiten (außer es wird kurzfristig noch eine Ersatzband gebucht). Gut, sein 25jähriger Sohn Bernard hat nun mehr Zeit vorzuführen, was er von seinem Papa auf der Gitarre gelernt hat. Sein Bluesherz schlägt schon ganz schön hoch, und es ist gut zu wissen, daß es außer Robert Cray noch mehr jungen Nachwuchs gibt.

So alt ist Vater Luther Allison allerdings auch noch nicht. 1939 in Arkansas geboren und seit einigen Jahren in Paris ansässig, gehörte er zur fünften Generation in der Blues-Hierarchie. Er wurde an der Chicagoer Westside von Freddie King, Otis Rush und Magic Sam beeinflußt. Mit seinem Bruder gründete er 1957 die Rolling Stones, lange bevor sich ein britisches Quintett Muddy Waters gleichnamigen Song als Gruppennamen gab. Nach einigen Studioterminen mit John Mayall und Mick Taylor 1969 dann sein Plattendebüt »Love Me Mama«. Anfang der 70er drei LPs für Gordy/Motown. Aber das Label des schwarzen Berry Gordon wurde zu dieser Zeit immer mehr auf den weißen Markt fixiert und verlor seine Identität. Crossover und Profitmaximierung waren die neuen Werte von Gordy. Luther Allison hatt bei der mittelständischen Zielgruppe von Motown keinen Erfolg, denn »Bad News Is Coming« und »Luther's Blues« waren harter Blues, kein softer Schlafzimmer- Soul. Die beiden Scheiben gelten heute noch als Luther's beste.

Zwar ärgert sich Allison, daß die britischen Rolling Stones mit »Little Red Rooster« und anderen Blues-Standards, die auch zu seinem Repertoire gehören, viel mehr Geld verdienen als er, aber ansonsten scheint er weißen Musikern, die sich an Blues versuchen, aufgeschlossener gegenüber zu stehen als viele andere Schwarze und ihre Fans. Praktischer Opportunismus: In Paris läßt sich eben mal keine authentische schwarze Chicago-Bluesband zusammenstellen. Dennoch: Luther Allison hat seiner Band und seinem Sohn schon ganz gut den Blues beigebracht. Text + Foto: H.Hessig

Beim »Hopfen & Malz«-Festival in der alten Schultheiß-Brauerei in der Schönhauser Allee 36 spielen jeweils um 20 Uhr:

Am Freitag Pankow und Bob Geldof

Am Samstag Luther & Bernard Allison

Am Sonntag Kahlil Chanine und die Dissidenten