TOURISMUS IN AGONIE

■ Teil 2 der touristischen Verweigerung: Ägyptens Fremdenverkehr und die Folgen des Golfkriegs

Teil 2 der touristischen Verweigerung: Ägyptens Fremdenverkehr

und die Folgen des Golfkriegs

VON AMR KHALIFA

Halbleere Hotels, verminderter Einsatz der nationalen Fluglinien durch akuten Auftragsrückgang und vor dem Ruin stehende Reiseagenturen: das ist das Bild, das Ägyptens Tourismus seit dem Golfkrieg zeigt.

1,25 Milliarden US-Dollar, so die Schätzungen des ägyptischen Tourismusministeriums, gingen der Branche durch den Golfkrieg und seine Folgen verloren. Die US-Botschaft in Kairo, deren Regierung in Washington ihrem treuesten arabischen Alliierten im Krieg gegen Saddam Hussein zur Belohnung die Hälfte der Auslandsschuld von 14 Milliarden Dollar gestrichen hat, veranschlagt die Einnahmeausfälle in ihrem jährlichen Wirtschaftsbericht über den Gaststaat sogar mit zwei Milliarden Dollar.

„Ägypten wurde hart getroffen. Das steht fest“, mußte auch der Minister für Tourismus und Luftfahrt, Fouad Sultan, einräumen. Laut Untersuchungen seines Ministeriums wurde den Hoteliers und der nationale Fluglinie am härtesten zugesetzt. Die Hotelbranche verlor demnach rund 625 Millionen Dollar. Am Höhepunkt der Saison sind die Zimmer nur zu 35 bis 60 Prozent belegt.

Der Luftlinie spielte vor allem die Angst der Touristen vor Terrorismus mit. Durch die Auftragsrückgänge mußte sie bereits mehrere Verbindungen einstellen. Der geschätzte Verlust liegt zwischen 100 und 125 Millionen Dollar.

„Die westlichen Konsumenten haben völlig das Vertrauen in den Nahostmarkt verloren“, sagt auch Maged Eskander, Manager der ägyptischen Reiseagentur „International Business Corporation“ (IBC). „Die unmittelbaren Konsequenzen der Krise waren Buchungsstornierungen und die Einstellung verschiedener Dienste. Ich fürchte mich aber mehr vor den langfristigen Folgen.“ Laut Eskander hat seine Agentur in den letzten acht Monaten zehn Millionen Dollar verloren. Vielen anderen kleinen und mittleren Betrieben geht es ähnlich.

Ägyptens Tourismus hat schon in der Vergangenheit mehrere Härtephasen durchmachen müssen. So zum Beispiel, als es 1977 zu den Brotrevolten gekommen war, 1981, nach dem Mord an Präsident Anwar al Sadat, 1985, nach der Entführung des Kreuzschiffes Achille Lauro und im Jahr darauf, nachdem es zu Revolten unter der Polizei gekommen war.

Daß die Lage diesmal ernster ist, läßt sich allerdings auch aus der Reaktion der Regierung ablesen. Um die Branche über Wasser zu halten, gewährte Kairo eine Zinsreduktion für Kredite der wankenden Unternehmen von 18 auf 8 Prozent und verlängerte die Rückzahlungsfristen von fünf auf acht Jahre. Die Forderungen der Gläubiger will die Regierung selbst begleichen. Gleichzeitig wurde den Tourismusbetrieben eine steuer- und versicherungstaxenfreie Periode zugestanden.

Weiterverfolgen will die Regierung auch ihre Pläne zur Übergabe staatlicher Hotels an internationales Management, um den Sektor zu einem der erfolgreichsten der ägyptischen Wirtschaft zu machen, wie Regierungsbeamte beteuern.

Eines der ehrgeizigsten Vorhaben ist, Ägyptens Tourismusmarkt durch die Abhaltung internationaler Konferenzen anzukurbeln, wie leitende Angestellte der Nobelhotels Hilton und Sheraton erklären. Insgesamt hat Afrika einen Anteil am lukrativen Konferenztourismus von 4,4 Prozent, wobei Ägypten mit elf Prozent der Afrika-Quote schon jetzt führend auf dem Kontinent ist.

Zur weiteren Belebung soll im Kairoer Vorort Nasr-City ein 100 Millionen Dollar teures Konferenzzentrum entstehen. Schon im nächsten Jahr soll in Kairo unter anderem ein Treffen der weltgrößten und einflußreichsten Reisevereinigung, der „Amerikanischen Gesellschaft der Reiseagenturen“ (ASTA), abgehalten werden. „Auf diese Weise wird Ägyptens Tourismusbranche wieder auferstehen“, gibt sich Tourismusminister Sultan optimistisch.ips