PRESS-SCHLAG
: Der Joker heißt Uerdingen

■ Spannung vor dem letzten Bundesliga-Spieltag

Es ist schon ein Kreuz mit jener Punktrunde, die nach alter Tradition die Bundesliga entscheidet. Während in den meisten anderen Sportarten die Titel mittlerweile im ehrlichen Kampf Frau gegen Frau, Mann gegen Mann, in Play-Off-Finals entschieden werden, regiert im Fußball noch das antiquierte Tabellensystem. Damit sind am Schluß den merkwürdigsten Konstellationen und Spekulationen Tür und Tor geöffnet.

„Meister wird, wer nach dem letzten Spieltag die meisten Punkte hat“, sagte Bremens Coach Otto Rehhagel einmal, aber er täuschte sich. Die Münchner Bayern nämlich schießen gern quer und werden mit Vorliebe wegen des besseren Torverhältnisses Meister. So geschehen in jener denkwürdigen Saison 1986, als die Bremer vor dem Schlußtag zwei Punkte Vorsprung hatten, aber beim hochmotivierten VfB Stuttgart antreten mußten, während die Münchner die schlappen und interesselosen Gladbacher empfangen durften. Bayern gewann 6:0, Werder verlor 1:2, Bayern war Meister.

Am vergangenen Samstag waren es wieder die Gladbacher, die Zünglein an der Waage spielen durften, denn Kaiserslautern benötigte gegen sie noch einen Punkt, um den heimischen Betzenberg endlich in ein infernalisches Festgelände verwandeln zu können. Allein, das Projekt mißlang, denn diesmal zeigten sich die Borussen, obwohl für sie nichts mehr auf dem Spiel stand, von ihrer bissigen Seite; ein durchaus sportlicher Zug, der ihnen im Nachhinein aber selbst bös mißfiel. Fast jeder würde den Lauterern den Titel gönnen, und so spielten sich paradoxe Szenen ab. Mönchengladbach-Fans bejammerten den Sieg ihres Teams auf dem Betzenberg und manch ein Borussen-Spieler war sogar durch die von Jupp Heynckes für den Fall des Erfolges versprochene Wagenladung Champagner kaum zu trösten.

Nun ist es also wieder so weit. Der 1. FC Kaiserslautern hat noch zwei Punkte Vorsprung, aber Bayern die bessere Tordifferenz. In Köln können die Pfälzer kaum auf die Anti-Bayern-Solidarität der Gastgeber bauen, denn diese müssen gewinnen, um sicher beim UEFA-Cup mitmischen zu dürfen. Und gegen den angeschlagenen Beinahe-Meister mit seinen weichen Knien dürfte das auch kein Problem sein. Die Hoffnungen der Fußballnation ruhen daher allein auf den Uerdingern. Die sind nach ihrer ruhmreichen Heimniederlage gegen Hertha BSC endgültig abgestiegen und haben daher beim Spiel in München am nächsten Samstag nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren. Wie Borussia Mönchengladbach. Matti