: Nur noch heute im UT: "Das Feld"
Der Himmel ist wolkenverhangen, schwere Regenschleier ziehen über die kahlen Berge. Der bärbeißige Mann steht am Rande seines Feldes. Grün ist es und fruchtbar. Gerade hat er mit seinem Sohn eine stundenlange Tortour hinter sich. Immer wieder haben sie Kiepen mit Seegras vom Meer zum Feld getragen, mühevoll und aufopfernd. „God made the world and seaweed made that field, boy“ sind die ersten Worte, die der Vater nach langer Zeit zu seinem Sohn spricht.
Irland-Fans wird vielleicht schon jetzt ein wohliger Schauer über den Rücken laufen. Diese Eingangssequenz strahlt mit ihren klaren ruhigen Bildern eine Atmosphäre aus, die unter die Haut geht. Der Film heißt schlicht Das Feld, Regisseur ist der Ire Jim Sheridan, die Kamera führt Jack Conroy.
The Field spielt im Irland der dreißiger Jahre in der Gegend von Connemara. Heute wie damals gehört die urwüchsige Landschaft zu den schönsten der Insel — und zu den ärmsten. Ein Haus und ein Feld sind Besitztümer, über die nicht jeder verfügt. Auch der knorrige Bull Mc Cabe (Richard Harris) hat sein Ein und Alles nur von einer Witwe gepachtet, aber er machte es mithilfe des Seegrases urbar. Also ist es sein Feld.
Dieser Bull ist unheimlich. Er ist ein Klotz von Mann und ein Gerechtigkeitsfanatiker. Mit seiner klugen Frau (Brenda Fricker) hat er seit 18 Jahren kein Wort gewechselt, während der unterwürfige Sohn (Sean Bean) seinem Vater im wahrsten Sinne des Wortes nicht das Wasser reichen kann.
Diese Spannung hat Sheridan so glaubhaft auf die Leinwand gebracht, daß sie wie ein Sog wirkt. Da stimmt jedes Detail, jeder Windstoß und jeder Regentropfen. Und es wird etwas passieren, aber was? Harris spielt den Tyrannen mit spärlichen Gesten, aber einer Intensität in der Mimik und Sprache, die das Unheil beschwört. Und dann geschieht das Unfaßbare.
Ohne alles zu verraten: Das Dorf, seine Bevölkerung (fantastisch: John Hurt als Dorftrottel Bird O'Donnell) und die Familie des Bull Mc Cabe werden nie wieder das sein, was sie einmal waren. Auch in Irlands wildem Westen, wo in Teilen noch heute ausschließlich gälisch gesprochen wird, kehrt eine neue Zeit ein. Mißgunst, Haß und Gewalt beherrschen urplötzlich die herb- romantische Idylle. Der gälische Kodex von Solidarität, Bewahrung des Bodens und der Erhaltung der Kultur gelten nicht mehr. Selbst der katholische Priester wird Bulls Feind, er kann das Unheil nicht aufhalten. All das und die Ur-Gewalten der Natur sowie die Unzulänglichkeit der Menschen lassen kein Happy-End zu.
Warum diese Kinoarbeit in Bremen niemand sehen wollte, ist unbegreiflich. Die überragenden SchauspielerInnen-Leistungen neben der Regie und der superben Kamera-Arbeit hätten Oscars verdient. Ein Film, der so fesselt, daß es uns ein Stück ver-rückt. Heute zum letzten Mal! Eine Schande. J.F.Sebastian
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