“Senat betuppt Gebührenzahler“

■ FDP-Fraktion legt Gutachten zu Abwassergebühren vor

Jedesmal, wenn in Bremen die Klospülung rauscht, freut sich Finanzsenator Claus Grobecker. Dies könnte das Fazit eines Gutachtens sein, daß die FDP-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft in Auftrag gab und das die Überschrift trägt: „Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung der Abwasserbeseitigung der Stadt Bremen und Möglichkeiten des verbesserten Aufgabenvollzugs durch organisatorische Umgestaltung.“ Gestern stellte der Gießener Diplomvolkswirt und Abwasserexperte Karl Heinz Ostholthoff seine Ergebnisse der Presse vor.

Laut Ostholthoff ist Bremen bei der Abwasserbeseitigung bundesweit absolut Spitze, aber nur, was die Preise angeht. Die Gebühr liegt mit 3,62 Mark pro Kubikmeter zum Teil um das Dreifache über vergleichbbaren Städten wie Dortmund, Düsseldorf oder München. Im Monat kommt ein durchschnittlicher 4-Familienhaushalt auf eine Abwasserrechnung von 62 Mark. Rund die Hälfte davon, so schätzt der Gutachter, wird Monat für Monat zuviel gezahlt. Denn die Gebühren dürfen nur zweckgebunden erhoben werden, sprich: Mehreinnahmen als Ausgaben sind eigentlich nicht erlaubt. Genau das aber ist nach der Analyse von Ostholthoff der Fall: „Die Kalkulationsgrundsätze werden sehr großzügig ausgelegt.“ Und auf die Frage, ob der Senat die Gebührenzahler betuppt, antwortet der Gutachter mit einem eindeutigen „Ja“. Dies sind auch die Erfahrungen des FDP-Frationsvorsitzenden Claus Jäger: „Die Gebühren werden mißbraucht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung.“ Der Trick dabei: Die Abschreibungen für das Kanalnetz und die Kläranlage werden künstlich nach oben gerechnet. Von diesen Einnahmen werden dann aber keine Rücklagen für Investitionen in das Kanalnetz gespart. Gutachter Ostholthoff hat festgestellt, daß der Nachholbedarf in Investitionen in den letzten Jahren sogar gestiegen ist.

Bei den Verbesserungsvorschlägen kommt der Gutachter zu dem Schluß, den die FDP auch schon während der vergangenen Haushaltsberatungen gezogen hatte. „Privatisierung“ heißt die liberale Losung zur Klärung der Abwässer. Und von dem Gutachten erwartet sich die FDP eine „Entzerrung“ der allgemeinen politischen Diskussion. Durch Privatisierung, so meint der Gutachter, könnten die umweltrelevanten Investitionen unabhängig von der Haushaltssituation durchgeführt werden; die Aufgabendurchführung und die staatliche Kontrolle lägen in verschiedenen Händen; und ein privates Unternehmen würde, anders als die öffentliche Hand, nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen handeln. Eine Senkung der Gebühren ist dabei nicht das Ziel der FDP: Die hohen Gebühren sollten statt dessen zweckgerichtet verwandt werden, um den Nachholbedarf im Kanalbau (Jäger: 100te von Millionen) aufzuholen.

Mit einer konkreten Gesetzesinitiative will die FDP bis nach den Bürgerschaftswahlen warten, damit das Thema nicht im Wahlkampf unter die Räder kommt. Doch falls es nach den Wahlen zu Verhandlungen über neue Mehrheiten kommt, will Jäger das Thema auf die Tagesordnung setzen. Jäger: „Wir machen hier keine Trockenübungen.“ hbk