Vermittlung im Steuerstreit beginnt

■ Harte Fronten zwischen Bundesregierung und Bundesrat in der Frage von Vermögens- und Gewerbekapitalsteuer, Spielräume bei Ergänzungsabgabe, Investitionshilfe und Haushaltshilfen

Bonn (dpa) — Zur Vermeidung eines schwerwiegenden Konflikts zwischen Bundesregierung und SPD- Opposition in Bundestag und Bundesrat haben sich am Donnerstag einige Kompromißlinien im aktuellen Steuerstreit gezeigt. Im Vorfeld des heute beginnenden Vermittlungsverfahrens zu den zwei Steuerpaketen und dem Haushaltsbegleitgesetz 1991 zeigte sich aufgrund von internen Vorgesprächen, daß beide Seiten aufeinander zugehen könnten: bei der Gestaltung der Ergänzungsabgabe, bei der Investitionshilfe für die neuen Länder und beim „Dienstmädchenprivileg“, dem Steuerabzug für die Beschäftigung von Haushaltshilfen.

Größter „Fels“ für das Vermittlungsverfahren bleibt die Vermögens- und die Gewerbekapitalsteuer. „Da sind wir ganz unbeweglich“, sagte Niedersachsens Regierungschef Gerhard Schröder (SPD).

Im Finanzministerium wurde auf die „schwerwiegenden Folgen“ bei Verzögerung des Inkrafttretens des Solidaritätsgesetzes mit seinen Steuererhöhungen zum 1.Juli dieses Jahres, des Steueränderungsgesetzes und des Haushaltsbegleitgesetzes 1991 hingewiesen. Dies würde nicht nur die Wirtschaftsentwicklung in den neuen Ländern beeinträchtigen, sondern auch „zu einem erhöhten Kreditbedarf des Bundes im Haushalt 1991“ führen. Ein zeitgerechtes Inkrafttreten des Gesetzes wäre ohnehin nur bei einem Ergebnis im Vermittlungsausschuß bereits an diesem Freitag möglich.

Der Finanzobmann der CDU/ CSU-Fraktion, Gunnar Uldall, sagte, die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und der auf zwei Jahre befristete Verzicht auf die Vermögensteuer in Ostdeutschland seien unabdingbar. Wenn die SPD in diesem Punkt „weiter Blockadepolitik betreibe“, werde die Koalition deutlich machen, daß wichtige steuerliche Vorhaben wie die Verbesserung der Einnahmen zugunsten der neuen Länder oder Investitionsanreize an den Sozialdemokraten gescheitert sei.

Von Koalitionsseite verlautete, daß man sicher über die Gestaltung der Ergänzungsabgabe reden könne. Zuvor war deutlich geworden, daß auch eine gewisse Bereitschaft besteht, auf das „Dienstmädchenprivileg“ zu verzichten. Finanzminister Theo Waigel (CSU) hatte den Ländern angeboten, daß sie von der Erhöhung der Mineralölsteuer drei Milliarden Mark zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs bekommen sollen.

Nachdem einige SPD-Ministerpräsidenten bereits am Mittwoch abend erste Verhandlungslinien abgestimmt hatten, erklärte Schröder, man könne zum Beispiel bei der Festlegung von Einkommensgrenzen bei der Ergänzungsabgabe Kompromißbereitschaft zeigen. Die Koalition will eine Ergänzungsabgabe für alle Steuerzahler, also ohne Einkommensgrenzen, und zwar in Höhe von 7,5 Prozent monatlich vom 1.Juli 1991 bis zum 30.Juni 1992. Das bedeutet durch das Jahressteuer-Ausgleichsverfahren effektiv eine Belastung von je 3,75 Prozent für die Gesamtjahre 1991 und 1992.

Die Forderung der SPD-Mehrheit im Bundesrat sieht so aus: Erhebung vom 1.Juli an mit monatlich 7,5 Prozent oberhalb von 60.000 Mark Einkommen für Ledige und 120.000 Mark für Verheiratete, monatliche Erhebung in den beiden Folgejahren in Höhe von 3,75 Prozent und im ersten Halbjahr 1994 in Höhe von 7,5 Prozent.

Das wären vier Jahre lang umgerechnet jeweils 3,75 Prozent, also eine Verdoppelung des Zeitraums mit verkleinertem Kreis der Abgabepflichtigen und insgesamt gleichen Mehreinnahmen wie nach den Vorstellungen der Koalition. Wie es in SPD-Kreisen hieß, könnte man „bei entsprechender Bewegung der Koalition“ bis auf 40.000/80.000 Mark Einkommensgrenze heruntergehen. Wegen des dadurch höheren Steueraufkommens könnte der Zeitraum der Erhebung gegenüber vier Jahren verkürzt werden. Eine weitere Vorüberlegung betrifft die Investitionszulage. Hier könnte die SPD gegenüber ihrer Forderung von 25 Prozent bis auf 18 Prozent heruntergehen.