Ghaddafi: „Großbritannien soll zur Hölle fahren“

Dublin (taz) — Die britische Freude über Muammar Ghaddafis „Läuterung“ währte nicht lange. In einer Rede vor dem Volkskongreß sagte der libysche Staatschef am Dienstag: „Großbritannien und die diplomatischen Beziehungen sollen bis zum Jüngsten Tag zur Hölle fahren. Wenn wir es uns noch einmal anders überlegen sollen, müssen sie erst mal nach Libyen kommen und vor uns niederknien.“

Ghaddafis erneute Wende hat in Großbritannien Verblüffung ausgelöst. Nach dem Besuch des Unterhaus-Abgeordneten Teddy Taylor in Tripolis hatte Ghaddafi vor knapp einem Monat milde Töne angeschlagen und der britischen Regierung die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen angeboten. Darüber hinaus zahlte er dem Wohlfahrtsfond der britischen Polizei 250.000 Pfund (umgerechnet ca. 750.000 Mark) als „Wiedergutmachung“ für den Tod der Polizistin Yvonne Fletcher. Sie war 1984 bei einer antilibyschen Demonstration aus einem Fenster der libyschen Botschaft in London erschossen worden.

Ghaddafi hatte Teddy Taylor im Mai außerdem erklärt, daß er sämtliche Beziehungen zur Irisch-Republikanischen Armee (IRA) abgebrochen habe. Er stellte den britischen und irischen Behörden detaillierte Angaben über die libyschen Waffenlieferungen an die IRA in Aussicht. Diese Hinweise wären nach Auskunft der Polizeichefs beider Länder sehr wichtig gewesen, um die Stärke der IRA besser einschätzen zu können.

Am Dienstag hatte Ghaddafi es sich jedoch anders überlegt: Libyen unterstütze weiterhin den Kampf für ein vereintes Irland, sagte er. „Das ist eine gerechte Sache — Terrorismus hin, Terrorismus her.“

Die irischen Oppositionsparteien haben die Dubliner Regierung gestern aufgefordert, die diplomatischen Beziehungen zu Libyen abzubrechen — es sei denn, Gahaddafi wende sich erneut. Ralf Sotscheck