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Börsenmakler und Beamte inszenieren Mafia-Skandal

Japanische Wertpapierhäuser haben Millionen Dollar unterschlagen  ■ Aus Tokio Georg Blume

Einen Monat nach dem Schwarzen Montag, der im Oktober 1987 die Börsen der Welt erschüttert hatte, trat Yoshihisa Tabuchi, Präsident des größten Wertpapierhauses der Welt namens Nomura, vor die japanische Presse und verkündete den höchsten Jahresprofit, den in Japan je zuvor ein Unternehmen erwirtschaftet hatte: knapp vier Milliarden Dollar. Gestern trat Tabuchi erneut vor die Presse — und hatte nur noch seinen Rücktritt zu vermelden.

„Mit einer Serie von Skandalen“, sagte der Milliarden-Manager, „hat unsere Firma das öffentliche Vertrauen mißbraucht.“ Allein daß der Hauptverantwortliche schon zwei Tage nach den entscheidenden Enthüllungen von „Skandalen“ spricht, belegt, wie gut dieser Skandal samt Rücktritt inszeniert ist. Nur scheinbar zufällig hatten die japanischen Steuerbehörden jene annähernd 240 Millionen Dollar erst am vergangenen Donnerstag entdeckt, die Nomura zuvor als steuerfrei erklärt hatte.

Bei den Millionen handelte es sich nämlich um Ersatzzahlungen für große Nomura-Kunden, die während des Tokioter Aktieneinbruchs im Frühjahr 1990 herbe Verluste erlitten hatten. Nomura kam für die Börsenverluste der Großkunden auf, um sie nicht zu verlieren. Diese Art der Beziehungspflege aber ist verboten, weil kleine Investoren nicht in den Genuß derartiger Verlustzahlungen kommen.

Doch die versuchte Steuerhinterziehung allein reicht noch nicht für ein Busineß-Spektakel dieser Größenordnung aus: Als weiteren Rücktrittsgrund durfte Yoshihisa Tabuchi die vorzüglichen Beziehungen Nomuras zu einem der bekanntesten Gangsterbosse Nippons, Susumu Ishii, bekanntgeben. Der hatte von Nomura Kredite in Höhe von 16 Milliarden Yen erhalten, deren Großteil der Gangster höflicherweise gleich wieder im Aktieneinkauf über Nomura anlegte. „Es wird eine Weile dauern, bis wir nach alldem unseren guten Namen zurückgewinnen“, kommentierte ein Nomura-Mann. Genau das aber ist gelogen.

In einem einzigartig orchestrierten Skandalkonzert haben Nomura und die drei anderen großen Wertpapierhäuser Japans, Nikko, Yamaichi und Daiwa, ihre Verbrechen aus der Zeit des großen Börsenbooms jetzt gleichzeitig offenbart. Selbstverständlich trat gestern auch der Nikko-Präsident zurück, Yamaichi- und Daiwa-Verantwortliche werden folgen. Auch steht bereits das Finanzministerium unter Anklagen, die auf Mitwisserschaft der Beamten hinweisen. Darüber hinaus sind auch die großen Kunden der Wertpapierhäuser, zu denen alle Unternehmen mit Rang und Namen in Japan zählen, nicht frei von Schuld, weil sie die Kompensationsgelder annahmen.

Am Ende steht der kleine Investor vor dem ganzen Finanzapparat Japans, der sich vor ihm zur Entschuldigung verbeugt. Danach erübrigen sich weitere Klagen. Wen sollten sie noch treffen?

Jedenfalls nicht Nomura und Yoshihisa Tabuchi, der sich trotz aller Scham einen Posten als Vizevorsitzender seines Unternehmens reserviert hat. Ein berühmtes Foto aus dem Jahr 1986 zeigte Tabuchi bereits beim vertrauten Golfspiel mit dem damaligen Premierminister Nakasone und dem Chef von Korin Sangyo, einer der berüchtigsten Gangster-nahen Spekulationsfirmen Japans. Börsenmakler, Politiker und Gangster haben ihr gemeinsames Spiel noch lange nicht aufgegeben.

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