EUROFACETTEN
: Weihrauch statt Würde

■ Wortgewandt verweigert der Papst Frauen das Priesteramt

Die Stellung der Frau in der katholischen Kirche hat den Papst zu einem eigenen Lehrbrief veranlaßt: Mulieris dignitatem von 1990 spricht, der Titel sagt es, von der Würde der Frau. Ein schlimmes Zeichen. Normalerweise spricht man von jemandes Würde immer dann, wenn sie kompromittiert ist. Es käme wohl niemandem in den Sinn, von der Würde des Mannes zu sprechen. Die der Frau muß jedoch erstmal diskutiert werden. In der bürgerlichen Gesellschaft und, mehr noch, innerhalb der Kirche.

Der Lehrbrief spricht viel, vielleicht zu viel und zu sehr betont, vom Guten im Geist des Menschen, identifiziert es mit dem Weiblichen: Das gesamte christliche Gut wird feminisiert. Doch gleichzeitig bleibt die alte Diskriminierung, die Aufgaben in der Gesellschaft sind wieder alle nicht für sie gemacht. Die Frau hat andere Berufungen — die der Brief allerdings nie konkretisiert —, doch die zum Priester oder zum Diakon hat sie nicht. Die Tröstungen durch die anderen Charismen bleiben so ziemlich dürftig, betrachtet man die überhohe Stellung des Priestertums in der katholischen Kirche, dem Charisma aller Charismen sozusagen. Ein Widerspruch, der in der Kirche natürlich nicht neu ist. Alle Welt lobt die letzte Sozialenzyklika des Papstes, Centesimus annus. Darin wird die Bedeutung der Arbeiterbewegung und die Legitimität ihrer Druckmittel anerkannt; doch kurz danach erklärte der Vatikan, Streik sei bei ihm nicht gestattet. Begründung: Die dort Beschäftigten sind nicht irgendwelche Arbeiter, sondern stehen im Dienste des Papstes.

Eine Ausrede findet sich immer, man hat sie auch für die Frauen gefunden. Priesteramt nein, denn beim letzten Abendmahl (wo es eingesetzt wurde) waren keine Frauen dabei. Behauptet die Theologie. Vielleicht aber hat sie nur der Berichterstatter nicht notiert, weil man dort zu der Zeit, wer weiß, eben nur Männer gezählt und von Frauen und Kindern nur dann gesprochen hat, wenn man viel Zeit und gute Laune hatte. Vielleicht waren wirklich keine dabei. Und? Dann sind also nur jüdische Männer dabeigewesen. Warum durften dann später auch Nichtjuden Priester werden, Frauen aber nicht? Nicht einmal die gläubigen Jüdinnen, die seine Auferstehung hatten mitansehen dürfen? Ganz offenkundig gab es Hemmnisse gegenüber Frauen, die schwerer wogen als die Frage des Judenstatus. Bis vor nicht allzu langer Zeit behauptete man, daß die Frau keine Gemeinschaft leiten könne, weil sie sich selbst nicht leiten und daher vom Mann — oder von Klostermauern — beschützt werden müsse. Heute traut man sich derlei nicht mehr zu sagen, und da müssen eben die Begründungen mit Abendmahl und Symbolismen her. So wird die Kirche von Männern geleitet (meist zölibatär, was nicht alle freiwillig auf sich nehmen und daher unter verständlichen sexuellen Frustrationen leiden). Der Virilismus wird uns wohl noch lange erhalten bleiben. Adriana Zarri

Adriana Zarri ist Theologin und Publizistin. Sie lebt in einer Einsiedelei bei Turin und arbeitet mit dem dritten TV-Kanal 'Raitre‘ und 'il manifesto‘ zusammen.