Krauses "Planungsgesetzlichkeit"

■ Vom Osten lernen - oder wie man die Demokratie am besten abschafft

Krauses „Planungsgesetzlichkeit“ Vom Osten lernen — oder wie man die Demokratie am besten abschafft

Ob Bundesverkehrsminister Günther Krause sich aufgrund realer Verdienste oder aufgrund einheitssozialistischer Protektion „Professor Dr.“ betitelt, könnte man nachprüfen. Ob er im materiellen Sinn korrupt ist, wird man herausfinden oder nicht. Bleiben wird der schale Nachgeschmack: Trau keinem Aufsteiger aus dem Osten. Sicher aber ist dies: Krause ist kein Demokrat. Der Bonner Senkrechtstarter ist nach vierzig Jahren DDR-SED-Sozialisation politisch derart korrumpiert, daß er lieber heute als morgen in die nordostdeutsche Tiefebene zurückgeschickt werden sollte. Starke Worte, sicher — eher freundlich- nachsichtig, wenn man sie an der letzten Äußerung mißt, die der Minister im Hessischen Rundfunk zum Thema Autobahnbau-Beschleunigungsgesetz absonderte: „Am 3. Oktober“, so sagte Krause wörtlich, „haben wir uns in die Hand versprochen, die positiven Errungenschaften der DDR zu berücksichtigen. Jetzt werden wir sehen, wie weit wir bereit sind die positiven Erfahrungen mit der Planungsgesetzlichkeit in der DDR zu übernehmen.“

Zur Erinnerung: Tatsächlich führten weder der Klassenfeind noch der unbändige Freiheitswille der Ostdeutschen zum Untergang der DDR; Ursache war vielmehr die von Krause so positiv internalisierte „Planungsgesetzlichkeit“: Ihre katastrophalen ökonomischen Folgen sind noch heute überall zu bewohnen, zu riechen, zu sehen oder zu befahren. Die „Planungsgesetzlichkeit“ führte dazu, daß die dramatisch sinkende Lebenserwartung der DDR-Bürger und die ebenso dramatisch steigenden Krebsraten als Staatsgeheimnisse gehütet wurden. Wichtiger aber ist heute dies: Die „Planungsgesetzlichkeit“ war das zentrale Instrument eines kleinbürgerlich verwilderten Staats-Despotismus, einer zentralstaatlichen Beglückung von oben. Die als „objektiv“ geltende „Planungsgesetzlichkeit“ zerstörte die Sphäre des Politischen in der DDR, machte das Individuum und seine Freiheitsrechte zum Nichts, führte zur geistigen Verödung der Menschen und machte den Sachzwang zum einzigen politischen und moralischen Gesetz des ersten und letzten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staates. Das, was die Hierarchen und Experten der DDR unter Planungsgesetzlichkeit verstanden, war per se antidemokratisch. Heute propagiert Günther Krause diese Methoden staatlicher Politik selbstsicher und zugleich mit der Larmoyanz des „gedemütigten“ Ostlers. Damit aber bricht er schlicht und einfach den Eid, den er vor nicht allzu langer Zeit nicht auf das reibungslose Funktionieren einer unkontrollierten Verwaltung, sondern auf das Grundgesetz geschworen hat. Götz Aly