Phytophtera infestans

■ Regen prägt Kartoffel-, Bienen- und Pillenkultur / „Die Bohnen kommen nicht!“

Regen: Niederschlag in flüssiger Form; man unterscheidet Nieselregen (Tröpfchendurchmesser ‚0.5mm), gewöhnlichen Regen und großtropfigen Schauerregen. Auch Landregen, Starkregen, Strichregen, Blutregen, Schwefelregen. Sauren Regen kennt das Duden-Lexikon von 1967 noch nicht. F: Tristan Vankann

Lucie van Pelt von den Peanuts hatte auch kein probates Mittel: „Regen, Regen, gehe fort, geh' an einen anderen Ort. Regen, Du hörst nicht zu!“ Unser Bremer Regen verhält sich da ähnlich. Eigentlich ist es ja gar nichts besonderes: Zumindest die geborenen BremerInnen, die Tagenbaren haben schon längst erkannt: In Bremen gibt es eigentlich nur drei Monate im Jahr. Entweder es ist März, April oder November.

Für den Samenfachhändler der Firma Janssen am Bahnhof haben

hier

der

Regen

mit

Rad hin

wir gerade April, „denn der macht, was er will.“ Seit dreißig Jahren kümmert er sich beruflich um das Wohlergehen des heimischen Gärtners, „aber im Augenblick muß man bei diesem Wetter die Leute in den Garten prügeln“. Sein Gießkannenabsatz stagniert erschreckend, und doch mag er der Dauerberieselung durch Petrus noch etwas Positves abgewinnen. „Regen ist Düngewetter“. Dem Biobauern auf dem Domshof kommen dagegen fast die Tränen. Noch hat er

sizilianische Erdäpfel vorrätig, aber „die da unten wissen sehr genau, wie's hier bei uns ausieht, entsprechend diktieren sie die Preise“. Die Bohnen „kommen nicht“, die Petersilie leuchtet in hepatitischem Gelb und die Kartoffeln leiden an Phytophtera infestans, einem Sporenpilz, der es ganz feucht liebt. Das einzig trockene sind die Zahlen aus seinem Computer. Fünfzig Prozent Umsatzeinbußen.

Noch erbärmlicher sieht es beim Imker nebenan aus, der sich stoisch unter seiner Regenplane in sein Schicksal ergibt. „Die Bienen gehen einfach nicht 'raus. Wär' ja auch schlimm, die würden ja gar nicht heim ins Reich finden“. Weniger nationalistisch, dafür noch drastischer formuliert es ein Obsthändler: „Äpfel und Birnen sind zu achtzig Prozent kaputt, Stachel- und Johannisbeeren kannst Du ganz vergessen. Mehltau, Frost und Nässe — bald kann ich dichtmachen.

Ähnliches äußert auch der gelangweilte Verkäufer im Sex- Shop am Hauptbahnhof. „Nix los hier.“ Also keine frustierten Männer, die lieber im Trockenen anderen beim Rammeln zuschauen? „Das machen die am Urlaubsort.“ Die Aufseherin im benachbarten Spielsalon stimmt lustlos zu.

Keine Lust verspürt auch die Regenschirm-Verkäuferin im Innenstadt-Kaufhaus. Auf den ermunternden Spruch einer Kundin, „bei dem Wetter braucht man ja zwei Schirme“, schaut sie maulig ins Gewühl vor der Theke. Mehr als doppelt so viele Parapluies wie sonst setzt sie um, „und dabei klappt der Nachschub nicht“. Da hat es eine Apothekerin besser. Ihr Geschäft brummt, Mittel gegen Sommergrippen, Kopfschmerzen und Atemwegserkrankungen sind die Renner dieses Sommers. Eine Wetter- Prognose wollte indes niemand abgeben. Am weitesten lehnte sich der Samenhändler aus dem Fenster. „Abgerechnet wird zu Saisonende“. Jürgen Francke