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Einen Tag lang auf Minotaurus Spuren

■ Am Tag der Offenen Tür durch das Uni-Labyrinth

Der Faden der Ariadne war ausgelegt im Erdgeschoß des Gebäudes GW II, rot war er auch, unübersehbar, aber mit der Orientierung in der Bremer Universität klappte es am Donnerstag, dem Tag der Offenen Tür, trotzdem nicht so recht: Immer wieder stießen Menschen zusammen, weil sie ihren Blick starr in den Unihimmel voller Wegweiser geheftet hatten, symbolischen Kürzeln folgend wie K 7 Ebene 2 oder Eingang West B.

Wer dann noch aufmerksam Spuren zu lesen versuchte, schnallte endgültig ab. Vor allem, wenn er die Geheimschrift der Uni-Kürzel nicht kannte, die einen von der rechten Bahn abbringen und in die Irrgänge der Uni locken wollte: Zu B 2010-2600, vorbei am Info-Brett Stuga Ök, weiter Richtung Turm A zu A 2300-2800.

Einmal am Ziel, blieb dem Besucher der Offenen Tür der Kampf mit dem Stier erspart: Überall hockten nette Menschen, plauderten aus dem Innenleben der Bestie und demonstrierten auf Wunsch einschlägiges Werkzeug für angehende Wissenschaftler. Labore öffneten sich, Professoren hielten Vorträge, es wurde analysiert, spekuliert und demonstriert was das Zeug hielt.

Im Fachbereich Geschichte beispielsweise wurde erklärt, wie man perfekt ein historisches Dokument fälschen könnte. „Scannern“ heißt das Zauberwort, daß in Zukunft alle Quellen so verändert, daß niemand mehr Original und Fälschung auseinanderhalten kann. Ein Foto wird auf einen Bildschirm übertragen und dort weiter bearbeitet: Ausschnitte können vergrößert, Personen aus dem Fotohintergrund nach vorne geholt und vergrößert, ja, sogar ihre Gesichtszüge können verändert werden, ohne das es jemand erkennen kann.

Die Datenverarbeitung hat für die Historiker aber auch allerlei nützliche Nebeneffekte, wie ebenfalls zu sehen war: So gibt es mittlerweile ganze Stadtführerprogramme, die den Benutzer per PC durch die Hansestadt jagen unter einem bestimmten historischen Leid-Thema. Demonstratinsobjekt am Donnerstag: Fremde in Bremen, Zuwanderer, Auswanderer, Zwangsarbeit und Gastarbeiter. Schritt für Schritt wird man mit kurzen Erläuterungen durch die Geschichte geführt, zahlreiche Querverweise geben Anregungen zum Weiterfragen.

Die Resonanz von außen war, wenn nicht verordnet durch Pädagogen, eher mäßig. Schüler, die die Gelegenheit für einen Schnuppertag erhalten sollten, stümten vor allem enthusiastisch die Caféterien. mad

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