Chemie hin und herrangiert

■ Treuhand legt morgen ein Gesamtkonzept vor/ Kommt die „Stabilität“ für die Region?/ Uhligs Optimismus für Kernbereiche von Buna und Leuna

Halle. Der Lenkungsausschuß Chemie der Berliner Treuhandanstalt legt morgen ein Gesamtkonzept für die ostdeutsche Chemieindustrie vor. Ein „betriebswirtschaftlich berechnetes Papier“ soll Politikermeinungen ersetzen und Stabilität bringen. Zu hoffen bleibt, daß damit monatelanges psychologisches Taktieren um Beschäftigungszahlen und den Erhalt von Standorten ein Ende findet.

Chemieproduktion, die marktwirtschaftlich nicht funktioniert, soll nicht subventioniert werden, sind sich Treuhand, Regierung und der Verband der chemischen Industrie e.V. (VCI) einig. Die „vielgescholtenen Chemiebuden“ der Ex-DDR brauchen nach deren Aussagen mit Blick auf den 4.Juli nicht schwarz zu sehen. Der VCI-Geschäftsführer des Landesverbandes Ost, Volkhard Uhlig, sieht für das mitteldeutsche Chemiedreieck — einst zu 60 Prozent an der DDR-Chemieproduktion beteiligt — und für dessen Struktur „auf jeden Fall“ eine Perspektive. Verbindlich gelte das für die „Kernbereiche“ von Buna und Leuna. Weitaus schwieriger sei das künftige Gerüst der Bitterfelder Chemie AG zu beschreiben.

Die „große Apotheke“ mit ihren unzähligen Produktionslinien plagt sich mit ungeklärten Eigentumsfragen herum, erklärt der Verbandschef. Hinzu komme der tonnenschwere Ballast vom Slogan als „Dreckstadt der Nation“, der nach jüngsten Umweltanalysen aber kaum noch haltbar sein dürfte.

Den wackligsten Eckpfeiler im Chemiedreieck stelle die Filmfabrik Wolfen AG dar. Das „Original Wolfen“ wurde von der Treuhand bisher mit den geringsten Ovationen bedacht. Vieles, so Uhlig, werde wohl vom Ausgang der noch laufenden Verhandlungen mit dem eventuellen „Einsteiger“ Konica abhängen. Ganz gleich wie sich die Japaner entscheiden, in der Filmfabrik werden künftig nicht mehr als 600 Chemiearbeiter Beschäftigung finden.

Uhligs Auffassung nach wird die Chemie in den neuen Bundesländern „nie wieder so gute Chancen erhalten“ wie gegenwärtig. Trotz der Strukturkrise im Osten durch den Zusammenbruch des Binnenhandels — der Jahresumsatz der ostdeutschen Chemiebetriebe ist auf 22 Milliarden Mark um die Hälfte zurückgegangen — steht eine Privatisierungswelle bevor. Derzeit halten die Chemieunternehmen der neuen Länder mehr als 270 Kontakte mit potentiellen Investoren. Die „Internationalität“ nimmt zu. Wenn der Privatisierung eine Sanierung ohne zeitlichen Druck vorausgehe, werde der Investor Chemie modernsten Standards aufbauen, zeigt sich Uhlig optimistisch. abc/adn