Stoltes „Schlückchen aus der Pulle“

ZDF-Intendant verteidigt Gebührenerhöhung um 4,80 Mark/ Viel Geld für Sport  ■ Von Joachim Weidemann

Meckern gehört zum Geschäft. Auch beim ZDF. Kaum haben die Ministerpräsidenten ihren Segen einem kräftigen Zuschlag zu den Rundfunkgebühren erteilt — immerhin 4,80 Mark im Monat —, da witterte ZDF-Intendant Dieter Stolte auch schon „Stimmungsmache“ gegen die Öffentlich-Rechtlichen.

Denn ARD und ZDF kommen Stolte zufolge gar nicht in den Genuß der ganzen 4,80 Mark. Ihnen stünden vielmehr lediglich 2,30 Mark „für die originäre Aufgabe des Wettbewerbs“ zur Verfügung. „Wettbewerb“ heißt laut Stolte zuvörderst: ZDF und ARD wollen mithalten im nächsten Lizenzpoker um Bundesligatore und Wimbledon-Matchbälle. Zu oft schon haben die Privaten den Öffentlich-Rechtlichen im Sport den Schneid und die Einschaltquoten abgekauft, vor allem „RTL plus“, der eigentliche Wimbledon-Winner dieses Jahres.

Was aber wird aus dem Gebührenrest von 2,50 Mark? Der verteilt sich Stolte zufolge auf die „Anschubfinanzierung“ in den neuen Bundesländern (1 Mark), auf den Europäischen Kulturkanal (75 Pfennig) sowie auf die geplanten neuen nationalen Hörfunkkanäle (75 Pfennig). Stolte: „Von dem Schluck aus der Pulle verbleibt also nur ein Schlückchen.“ Der nationale Hörfunk soll nunmehr unter der Obhut von ARD und ZDF aus dem Deutschlandfunk (DLF), dem Rias Berlin und DSKultur entstehen: Erfolg fürs ZDF, das seit langem ein Standbein im Hörfunk suchte. Nun hat der Mainzer Sender, wie Stolte sagt, „einen Fuß in der Tür“. Wenn aber DLF, Rias und DSKultur unter dem Dach von ARD und ZDF stehen — da stellt sich für Stolte sogleich die Frage, wie denn das Haus aussehen könnte, auf dem dieses Dach sitzt. Stolte liebäugelt damit, daß der Rias dem ZDF, der DLF dagegen der ARD näherstehen soll. Eine „Generalintendanz“ lehnt Stolte ab. Generalintendanten fänden sich gar zu schnell „entmachtet“ wieder.

Probleme bereitet dem ZDF die Zusammensetztung des Verwaltungsrates. Von der Einigung der 16 Bundesländer darüber hing auch die gestrige Unterzeichnung des neuen Rundfunkstaatsvertrages in Hannover ab (siehe taz-Inland). Der erste Staatsvertrag spiegelte nämlich noch die Gesellschaft anno 1961 wider. Anno 1991 jedoch stellt sich die Frage, ob einzelne Gruppierungen — etwa die Vertriebenenverbände — in den Gremien noch zeitgemäß sind, ob sie den Platz nicht eher für Frauenvereinigungen und Umweltverbände räumen sollten. Stolte wollte dazu sich nicht äußern.

Er schwieg auch, wer die neuen Vorsitzenden der ZDF-Gremien sein werden. Fernsehratsvorsitzender war bislang der Mainzer Ex- Oberbürgermeister und Altfastnachter Jockel Fuchs (SPD), dem Verwaltungsrat saß — nach Mainzer Gewohnheitsrecht — stets der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz vor, einst Helmut Kohl, hernach Bernhard Vogel. Der aber hat den Posten bis heute nicht abgegeben, weder an seinen Interimsnachfolger Carl- Ludwig Wagner (CDU) noch an den neuen Mainzer Ministerpräsideten Rudolf Scharping (SPD).