INTERVIEW
: Armee wollte AKW bombardieren

■ Dusan Plut, Mitglied des slowenischen Staatspräsidiums und grüner Politiker, über die Gefährlichkeit der Kämpfe in der Nähe des AKWs an der kroatisch-slowenischen Grenze

taz: Das Atomkraftwerk Krsko ist trotz der Gefahren, die weiter bestehen, schon fast aus den Schlagzeilen geraten. Wie ist der aktuelle Stand, was passiert in und um Krsko?

Plut: Das AKW wurde am 27.Juni sofort abgeschaltet, als die Kampfhandlungen begannen. In der Zeit dieser militärischen Auseinandersetzungen wurde das AKW mehrmals von Militärflugzeugen überflogen. Es hätte sogar zu einem Bombardement des AKW kommen können. Das war nicht nur eine theoretische, sondern auch eine praktische Gefahr. Denn über Kanäle des slowenischen Nachrichtendienstes haben wir erfahren, daß in der Stufe zwei der militärischen Eskalation vorgesehen ist, daß ein Angriff mit Luft-Boden-Raketen stattfinden sollte. Zum Glück kam es zu einer Feuerpause und ich hoffe weiterhin, daß es nicht zu einer solchen Tragödie kommen wird.

Es ist aber dies für uns ein weiterer Beweis, daß auf dem Balkan Atomkraftwerke einfach nicht existieren dürfen. Weiterhin besteht noch eine wichige Gefahrenquelle: In unmittelbarer Nähe des Atommeilers gibt es nämlich ein Abklingbecken für abgebrannte Brennstäbe. Dieses Lager ist nicht geschützt, es ist praktisch eine gewöhnliche Lagerhalle, die bei Kriegshandlungen und Bombardierungen keinerlei Schutz bietet.

Das wurde ja bisher gar nicht in der Öffentlichkeit diskutiert, welche Folgen wären denn im schlimmsten Fall zu erwarten?

Die Folgen wären verheerend, einige hunderttausend Menschen wären bedroht, man muß ja auch bedenken, daß Zagreb nur 40 Kilometer entfernt ist, also eine Million Menschen wären unmittelbar bedroht, ganz Kroatien, Slowenien und darüberhinaus.

Eine Zerstörung dieses Zwischenlagers würde also welche Folgen haben?

Da wäre vor allem die Belastung durch radioaktive Strahlung. Über die Intensität der Strahlung gibt es zwar Meinungsverschiedenenheiten bei den Experten, aber es ist klar, daß die freiwerdende Strahlung ein großes Bedrohungspotential darstellt, daß die ganze Region stark davon betroffen wäre. Wenn das Wasserbassin zerstört würde, in denen diese Brennstäbe gelagert sind, würde der Kühlkreislauf unterbrochen. Dann könnte es zu einer Explosion kommen.

Wie sieht es denn jetzt im Umfeld aus, was wurde von politischer Seite getan?

Wir Slowenen plädieren dafür, daß es vor dem vereinbarten Zeitpunkt 1995 zu einer endgültigen Abschaltung des AKW kommt, ich möchte aber sagen, daß es gewisse Schwierigkeiten mit Kroatien gibt, dann die wollen nicht abschalten, weil ein großer Teil der Energieversorgung für Zagreb aus diesem Kraftwerk kommt.

Wenn man ganz sarkastisch sein will, haben wir mit diesen Ereignissen ein sehr starkes Argument in die Hand bekommen, das Atomkraftwerk sofort zu schließen. Eine Kastastrophe vom Typ Tschernobyl würde Slowenien und Kroatien auslöschen und für alle Länder Europas unvorhersehbare Folgen haben. Die Drohungen des Militärs, ganz in der Nähe von Krsko gibt es den größten jugoslawischen Militärflugplatz, sind weiterhin gültig.

Invterview Erich Rathfelder