Mehr als nur Nazipack

■ betr.: "Antiautoritäre Revolte von rechts?", taz vom 8.7.91

betr.: „Antiautoritäre Revolte von rechts?“, taz vom 8.7.91

Nein. Keine antiautoritäre Revolte von rechts, jedenfalls nicht so, wie Rutschky es beschreibt, nicht aus den Beweggründen, die er angibt. Zwar mag mich jetzt der Gedanke leiten, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, denn in einer antiautoritären Revolte könnten sich zum Beispiel gar unheilige Allianzen zwischen den neuen Rechten und den alt-frustrierten Linken bilden. Aber dennoch liegt der Knackpunkt seiner Argumentation doch dort, wo es um die Motivation der Jugendlichen geht, sich diesen oder jenen anzuschließen. Gewiß. Die KaderführerInnen gibt es, und sie sind unzweifelhaft im Kommen. Der neue Nationalismus, die neue Rechte, die sich leger, deutsch-europäisch, national und zum Teil erstaunlich intelligent zeigt, sind der 'Zeit‘ sogar zwei Themenartikel wert (Peter Glotz vor einigen Wochen und jetzt Marion Gräfin Dönhoff). Sie, die neue Rechte, wächst auf in einem Wachstumsklima, das aber nicht eitel Sonnenschein propagieren kann, weil es den nicht hat — und wenn, dann allenfalls mit Ozonloch. Und das macht es so gefährlich, weil wieder Probleme sichtbar werden, Feindbilder geschaffen werden können — warum nicht der Deutsche im jeweils anderen Teil?!

Nun kommt es an die Jugendlichen. Zu einer Revolte ist allein quantitativ mehr als nur das Nazipack von hüben und drüben nötig. Setzt man die 68er und die 91er gleich, und Rutschky tut dies in gewisser Weise, dann unterstellt man ihnen, daß die rebellierenden Jugendlichen allein und einzig aus Gründen der Antiautorität aufmüpfig werden wollen, und daß es dann nur der „richtigen“ Rädelsführer bedarf, um sie für die eine oder die andere Seite zu gewinnen.

Und das mag ich nicht akzeptieren. Denn diese Unterstellung schiebt den 68ern unter, sie würden eigentlich nur auf einer liberalen Welle geritten sein, und daß es ihnen nicht wirklich um die Inhalte ging. Sicher gab es MitläuferInnen. Aber die Tatsache, daß es noch „übriggebliebene 68er“ gibt, sollte uns doch zeigen, daß wirklich mehr dahinterstand als nur, auf den Putz zu hauen.

Außerdem spricht diese These gegen meinen Glauben an wenigstens ein bißchen Kritikfähigkeit sogar der Jugendlichen (bitte, fragt mich nicht, wo ich den noch hernehme!). Sollten sie sich denn so stark beeinflussen lassen können, daß sie der neuen Rechten den starken Arm hinhalten?

Die Zukunft wird es zeigen, und ich ich hoffe, daß Ah. nicht Recht behält. Sebastian Lovens,

Duisburg