Spritzige Löhne für spritzige Brause

■ »Spreequell«: Unbefristeter Streik nicht ausgeschlossen/ Neuer Mantelvertrag wird gefordert/ »Jetzt bloß nicht einschüchtern lassen«

Weißensee. Nun haben die neuen Brause- und Erfrischungsgetränkeflaschen aus Weißensee ein neues outlook, ihr Inhalt schmeckt spritziger, und der Preis auf dem Markt stimmt auch. Für die Beschäftigten der Spreequell GmbH ist deshalb nicht einzusehen, warum sie gerade beim Niveau der Bezahlung hinter dem Westen herhinken sollten. Mit einem anderthalbstündigen Warnstreik hat ein Teil der Belegschaft der Spreequell GmbH in Berlin-Weißensee gestern Forderungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) nach Abschluß eines eigenen Manteltarifvertrages unterstützt. Rund 70 Arbeitnehmer, vorwiegend Produktionsarbeiter, hatten sich um 13 Uhr nach der Frühschicht vor dem Firmeneingang in der Indira-Gandhi-Straße versammelt. Sie forderten den Abschluß eines Tarifvertrages, der die möglichst schnelle Angleichung an das Westniveau vorsieht. Die NGG lehnt den seit 1. Juli 1991 gültigen Manteltarifvertrag ab, den die Tarifgemeinschaft Regionalverband Ost der deutschen Erfrischungsgetränke-Industrie mit der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) abgeschlossen hat. Die im Vertrag enthaltenen Vereinbarungen liegen weit unter dem Angebot, das die Betriebsführung dem Betriebsrat Anfang des Jahres für eine Betriebsvereinbarung unterbreitet hatte. Geschäftsführer Stüsser, der den mit der DAG ausgehandelten Vertrag als verbindlich erklärte, hält jedoch Haustarifverhandlungen für »überflüssig und nicht zulässig«. Er hatte den Betriebsrat aufgefordert, die Gewerkschaftsaktion abzuwenden. Edmund Mayer vom NGG-Bezirksverband Berlin-Brandenburg warnte die Arbeitnehmer davor, sich einschüchtern zu lassen. Sie könnten mit der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen nicht bis zum Jahr 2000 warten. Mayer schloß die Möglichkeit einer Urabstimmung über einen unbefristeten Streik nicht aus. Er machte klar, daß es viele Tarifgebiete gibt, in denen zwei Tarifverträge gelten.

Falls bis Dienstag nächter Woche kein Angebot der Arbeitnehmer vorliegt, soll ein weiterer Warnstreik folgen. abc