Sparen allein bringt die taz nicht nach vorn

■ taz-Vorstand: Die Selbstverwaltung ist am Ende/ Die taz wird ein professionell geführtes Unternehmen

Nach einem Jahr Arbeit im Vorstand des Vereins der Freunde der alternativen tageszeitung e.V. beantragen die drei Redaktionsleute im Vereinsvorstand die endgültige Abschaffung der vermeintlichen Selbstverwaltung, die Professionalisierung des taz-Managements und die Transformation des bisherigen Eigentümervereins aus Mitarbeitern und Sympathisanten in ein Unternehmen im Besitz der MitarbeiterInnen.

Bereits im April dieses Jahres haben wir eine solche Unternehmensreform als ersten Schritt aus der permanenten Krise der taz vorgeschlagen. Damit ist es nun allerdings nicht mehr getan. Zu unseren Vorschlägen einer Strukturreform müssen wir dem Plenum ein erschreckendes Sparprogramm vorlegen. Die Einsparungen betreffen die Bereiche Druck, Regionalausgaben und umfassen eine bis zu dreißigprozentige Kürzung der Personalstellen. Das heißt: wir müssen ungefähr 60 bis 70 Leute entlassen. Zum wiederholten Male müssen die MitarbeiterInnen sich selbst verwalten, Gewalt antun.

Ein weiterer, nicht weniger bedauerlicher Mangel der Selbstverwaltung besteht im Dickicht von Herrschaftswissen und gnadenlosem Mißtrauen dem Management gegenüber. Es ist schier unmöglich geworden, ein allgemeines Informationslevel über das komplizierte Unternehmenskonsortium mit seinen 26 Millionen Jahresumsatz und derzeit circa 200 MitarbeiterInnen herzustellen. Ohne dieses Informationslevel sind verantwortliche Entscheidungen aber nicht zu treffen. Die Selbstverwaltung ist zur Farce geworden: Über die Jahre hat sich eine unkontrollierte Herrschaft in der taz etablieren können. Dieses Management nach dem Prinzip „learning by doing“ hat zwar das Überleben der taz über fast 14 Jahre zustande gebracht und war insofern erfolgreich. Um jedoch eine maßgebliche, überregionale Tageszeitung mit mindestens 100.000 Auflage zu machen, braucht die taz viel mehr. Um das Unternehmen in die schwarzen Zahlen zu bringen, muß das Sparprogramm verwirklicht werden. Aus den fast durchweg gescheiterten Reformversuchen des letzten Jahres haben wir gelernt. Wir schlagen deshalb vor, einen externen Sanierungsbeauftragten zu engagieren. Einen in der Sache kompetenten Menschen, dessen Qualifikation respektiert wird, dem keine „alte Seilschaft“ angehängt wird und der der Idee der taz als Zeitung der linken Opposition verpflichtet ist. In Zusammenarbeit mit der gewählten Vertretung der MitarbeiterInnen, mit der derzeitigen Redaktions- und Geschäftsleitung wird ein umfassendes Unternehmenskonzept erarbeitet, das den Sprung nach vorne ermöglicht. Ein erfolgversprechendes Unternehmenskonzept läßt sich allerdings aus den benannten Sparmaßnahmen nicht finanzieren. Vor allem muß die Zeitung besser werden, wenn die Auflage steigen soll. Also können wir nicht mehr mit falschem Stolz zusehen, wie unsere besten Leute von 'Spiegel‘, 'Stern‘, 'Zeit‘ usw. kurzerhand eingekauft werden. Die Löhne müssen ganz erheblich steigen, der Vertrieb muß entscheidend sicherer werden, die Werbung muß optimiert werden, kurz: Investitionen tun an allen Ecken und Enden not. Dabei können und wollen wir uns nicht mehr auf eine Subvention von Staats wegen verlassen. Ohne Berlinförderung, ohne die entsprechenden Steuervorteile, wären die vergangenen 14 Jahre wohl kaum möglich gewesen. Deswegen müssen Liquidität und Finanzierung der künftigen, besseren taz jetzt gesichert werden. Der Konkurrenzkampf wird zusehends aggressiver.

Der fünfköpfige Vereinsvorstand war vor einem Jahr mit dem Mandat betraut worden, Fremdfinanzierungsmöglichkeiten für die taz zu erkunden. In den Gesprächen, die wir geführt haben, wurde eines deutlich: Die taz als undogmatisches Blatt der kritischen Opposition ist ein interessantes Projekt, in das man schon Geld investieren würde. Die taz als Unternehmen jedoch, mit seiner unübersichtlichen Struktur, ist für Geldgeber kein Thema. Deshalb schlagen wir dem September-Plenum vor, mit der Strukturreform der taz zugleich die Konditionen zu definieren, unter denen wir einem oder mehreren Geldgebern einen Platz im Unternehmen taz einräumen. Die redaktionelle Unabhängigkeit der taz, das ist selbstverständlich, steht bei solchen Verhandlungen nicht zur Disposition. Petra Groll