Kriegerische Grütze-Esser

■ Grabungsfeld Habenhausen: Landesarchäologe birgt Spuren germanischer SiedlerInnen

Die Chauken sind ein elendes Volk; sie leben auf Hügeln und müssen ständig aufpassen, daß das Hochwasser sie dort nicht herunterspült... So äußerte sich der Römer Plinius in seinen Aufzeichnungen über die Menschen, die vor ungefähr 1.700 Jahren im heutigen Habenhausen siedelten.

Am archäologischen Ausgrabungsort an der Borgwardstraße (rechts ab von der Habenhauser Brückenstraße) buddeln fünf StudentInnen in der Morgensonne rechteckige Löcher in den lehmigen Boden. Die Bodenoberfläche ist auf 1.000 Quadratmetern von Baggern abgezogen und sieht wie glattgeschliffen aus. So sind Bodenverfärbungen gut zu erkennen, die auf Reste der Germanensiedlung hinweisen: Pfostenlöcher beispielweise, an denen man die frühere Stellung von Häusern und Speichern ablesen kann.

Die Chauken, ein kriegerischer Stamm, züchteten Pferde, hielten Rinder und trieben Ackerbau. Tierknochenreste, Scherben und Pollen zeugen vom Alltag unserer Vorfahren, deren Siedlungen tatsächlich so arg vom Hochwasser heimgesucht wurden, daß sie mehrfach aufgegeben und wieder neu bevölkert wurden.

Seit 1982 fördern die Archäologen im Habenhausener Gewerbegebiet in einer Geländenase, die rechts der Weser in die Wesermarsch hineinragt, die Zeugnisse früherer Siedlungen zutage — immer im Wettlauf mit den Gewerbeansiedlungen. Eine Metallwarenfirma hat das Gelände bereits gekauft. Damit sie dort bauen kann, zahlt die Wirtschaftsförderungsgesellschaft 30.000 Mark für die Ausgrabungen. Damit muß der Landesarchäologe Manfred Rech auskommmen. Die fünf StudentInnen aus Kiel, aus Berlin und aus Bremen erhalten rund 10 Mark in der Stunde für ihre qualifizierte Arbeit. „Wir sind nicht, wie andere Bundesländer, mit einem festen Grabungsetat ausgestattet“, klagt der Landesarchäologe. Deshalb ist es nicht selbstverständlich, daß Grabungen durchgeführt werden können. „Die wissenschaftliche Aufarbeitung können wir gar nicht leisten. Unsere vorrangige Arbeit ist es, die Funde zu sichern.“ Bald rücken die Bagger an und verwischen die letzten Spuren.

Die Chauken waren größtenteils Vegetarier, die sich von Milch und Getreide, insbesondere Gerste ernährten. An den gefundenen Keramikscherben finden sich manchmal Grützreste, anhand derer man ihre Kochkünste nachvollziehen kann. Ebenfalls im Habenhausener Boden: Eisenschlacke, die Reste der chaukischen Schmieden.

Mit diesem letzten Grundstück ist die Ausgrabung der frühen germanischen Siedlung in Bremen vorerst abgeschlossen, und die Fundstücke verschwinden auf unabsehbare Zeit im Magazin des Landesarchäologen. Der kann sich ob der personellen und finanzellen Ausstattung der archäologischen Landesbehörde auch über die jüngsten Funde nur zurückhaltend freuen: Zwischen Hinter der Schlachte und Bgm.- Schmidt-Straße warten Reste einer bisher unbekannten Stadtmauer und ein Schiff aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten darauf, ans Tageslicht befördert zu werden. bear