Pochen, nicht stillhalten

■ Eine Bewerberin klagt gegen die Männerbevorzugung

Das hat uns gefehlt: eine Frau, die sich nicht geknickt damit abfindet, daß wieder einmal ein Kerl auf der Karriereleiter an ihr vorbeiklettert, sondern eine, die auf ihr Recht pocht — bis zur Klage. Es gibt genug Anwältinnen in dieser Stadt, die nur zu gern ihre professionellen Fähigkeiten für die Durchsetzung des Landes-Antidiskriminierungsgesetzes (LADG) in Dienst stellen. Natürlich gibt es keine Erfolgsgarantie. Wir wissen nicht, wie Frau M.s Geschichte ausgegangen wäre, wenn nicht das Neuköllner Bezirksamt einen Rückzieher gemacht, sondern das Verwaltungsgericht entschieden hätte. Fest steht natürlich auch noch nicht, ob aus der zweiten BewerberInnenrunde tatsächlich sie oder eine andere als Amtsrätin hervorgehen wird — auch wenn besagtes Bezirksamt jetzt beste Absichten signalisiert hat.

Das LADG, nur um es noch einmal klarzustellen, ist immer noch in Kraft. Auch wenn das Verwaltungsgericht es kürzlich in einem Einzelfall für verfassungswidrig erachtet hat. Befunden wird darüber in Karlsruhe. Dort liegt inzwischen das nordrhein- westfälische Gleichstellungsgesetz zur Überprüfung vor. Aber das kann dauern. Wie immer entscheidet das politische Kräfteverhältnis, das sich sicher nicht zu unseren Gunsten verschiebt, wenn wir stillhalten. Wie im Fall der Berufungslisten für die Professorenstellen an der Humboldt-Uni, auf denen Frauennamen kaum auftauchen. Geklagt hat dagegen bis heute keine.

Ich könnte wetten: Viele kleine Staatsdiener fühlen sich durch jenen Steuerhauptsekretär ungemein bestärkt, der jüngst auf Diskriminierung geklagt hatte, da eine Frau und nicht er befördert worden war — und beim Verwaltungsgericht auch noch recht bekam. Hier ließe sich unsererseits noch einiges lernen. Ulrike Helwerth