KOMMENTAR
: Superman statt Dressman

■ Nachfolger für Ex-Olympia-Manager Grüttke gesucht

Die meisten hatten Willi Daume schon als seniles Olympia- Fossil abgehakt, doch Berlins Olympia-Bewerbung scheint auf den 78jährigen NOK-Präsidenten zu wirken wie ein Jungbrunnen. Nachdem er mit massiven Breitseiten bereits den ersten Olympia-Macher Hans-Jürgen Kuhn von der AL aus der Olympia-Planung gekippt und damit den Traum einer Öko-Olympiade brachial beendet hatte, schlug Daume nun erneut zu: Auf sein maßgebliches Betreiben hin wurde der Geschäftsführer der Olympia GmbH, Lutz Grüttke, aus dem Amt geekelt.

Grüttke, der als Dressman in einer Werbeanzeige eine erheblich bessere Figur machte, als bei seinen Bemühungen, Olympia-Begeisterung in der Berliner Bevölkerung zu wecken, scheiterte nicht nur an dem dubiosen Millionenvertrag, den er ohne Information des Aufsichtsrates mit der Werbeagentur Schirner abgeschlossen hat. Er scheiterte nicht an seinem konfus-dilettantischen »olympischen Monat« September, und er scheiterte auch nicht am geschmähten Grüttke-Bärchen, dem Logo, das die Bewerbung Berlins für die Spiele 2000 in die Welt tragen sollte. Vor allem scheiterte Grüttke daran, daß er es versäumt hatte, sich rechtzeitig den NOK-Chef zum Freund zu machen.

Der Weg nach Olympia führt von nun an nur noch über Willi Daume. Unverhohlen hat er seine Machtübernahme angedroht, häufige Präsenz in Berlin und direkte Einmischung des NOK angekündigt. Was das heißt, mußte zu allererst Walter Momper erfahren, der als Grüttke-Nachfolger gehandelt wurde. Doch es hat sich schon ausgemompert. Der Ex-Regierende genieße nicht das Vertrauen des NOK, hieß es, und das von Diepgen schon gar nicht.

Gesucht wird nun ein Supermann, der die bisherige Katastrophen-Kampagne Berlins in einen triumphalen Siegeszug verwandelt. Erfahren muß er sein, ideenreich, tatkräftig und skrupellos; er muß über gute Kontakte verfügen, repräsentieren können, den Sport kennen und möglichst auch die Delegierten im IOC. Und er muß ein guter Freund Willi Daumes sein. Da gibt es eigentlich nur einen geeigneten Kandidaten: Manfred Ewald, einstmals Präsident des NOK der DDR. Daume und Ewald, Superman und Badman, ein würdiges Tandem für Berlin. Matti Lieske