Katholische Kirche sieht Reinheit der Lehre bedroht

Berlin (taz) — Noch ist der „Fall“ Uta Ranke-Heinemann (63) und ihr Disput mit der katholischen Kirche um letzte Glaubensinhalte nicht ganz vergessen, der für die streitbare Professorin im Juni 1987 mit dem Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis endete, da droht ein neues spektakuläres Verfahren um die Reinheit der katholischen Lehre. Betroffen ist der Paderborner Hochschullehrer und Psychoanalytiker Drewermann (51). Erzbischof Degenhardt droht dem theologischen Publizisten und gern geladenen Talkshow-Gast nicht nur mit dem Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis, sondern auch mit der Amtsenthebung als Priester, sollte er nicht „öffentlich und glaubwürdig“ bestimmte Thesen widerrufen oder klarstellen, die nach Ansicht des Erzbischofs nicht mit dem Dogma der katholischen Kirche übereinstimmen. Was Degenhardt insbesondere mißfällt, sind Drewermanns Ausführungen über die Jungfräulichkeit Mariens, über das katholische Priesteramt sowie über die Abtreibung. Unter anderem wird dem Hochschullehrer der in einem Zeitungsinterview geäußerte Satz angekreidet, bei Schwangerschaftskonflikten müsse unterschieden werden zwischen „werdendem“ menschlichen Leben und „wirklichem“ menschlichen Leben. Gestern nun ist Drewermann der Aufforderung seines Erzbischofs nachgekommen, öffentlich Stellung zu nehmen. Vor der Bonner Presse forderte er zunächst die Kirche auf, erst einmal ihrerseits die katholische Lehre positiv darzulegen. Er selbst habe sich nie im Widerspruch zu den Lehrmeinungen „vieler, auch katholischer Theologen“ gefühlt. Statt dessen würden nun verkürzte Zeitungszitate angeführt, um ihn aus dem Priesteramt zu entfernen. So habe er, Drewermann, etwa bei der Frage der Abtreibung immer betont, „daß die Tötung eines menschlichen Embryos die Tötung eines Menschen darstellt und daß, wer solches tut, schwere Schuld auf sich lädt“. Es gebe jedoch Fälle „im unerlösten menschlichen Leben, in denen es unausweichlich scheint, schwere Schuld auf sich zu laden“. Der Kirche stehe weder zu, im Sinne des Gesetzes zu definieren, was strafbar sei, noch dürfe der Priester als „Agent in der Öffentlichkeit angestellt sein“, um die Abtreibung zu verurteilen. Sollten die Bischöfe allerdings der Meinung sein, daß seine Äußerungen nicht katholisch seien, wolle er „die Konsequenzen“ tragen. bg