Die Rathausschlüssel wurden weitergegeben

■ Diepgen zieht mit Pauken und Trompeten um

Berlin. Es klang, als würde Eberhard Diepgen an den Rhein umziehen und nicht einige Kilometer weiter ins Rote Rathaus. »Berlin ist eine Reise wert, der Bundestag, der fehlt hier bloß«, schmetterten die Schöneberger Sängerknaben, als der Regierende Bürgermeister — natürlich symbolisch — die Schlüssel des Schöneberger Rathauses dem Bezirksbürgermeister Michael Barthel übergab.

Der Chor huldigte noch der »Märkischen Heide«, dem »Märkischen Sand«, und weil patriotische Gesänge offenbar nie laut genug sein können, kam die Musik nicht nur aus 35 Knabenkehlen, sondern gleichzeitig — stark hallend — vom Band.

Gestern absolvierte der Senat seine letzte Sitzung in dem Haus am John-F.-Kennedy-Platz, in dem die Westberliner Stadtregierung seit 1948 Untermieter war. »Wir haben uns hier wohlgefühlt«, versicherte Diepgen bei der Schlüsselübergabe, »ich nicht«, murmelte Diepgens Kanzleichef Volker Kähne, während Barthel das »große Stück Opfer« hervorhob, das der Bezirk der Landesregierung gebracht habe. »Große Raumnot« habe geherrscht, klagte Barthel, der nun über 130 Räume neu verfügen kann. Sobald ein leckes Bleirohr repariert und die Telefonleitung umgestellt ist, will der Bezirksbürgermeister persönlich das Amtszimmer des Regierenden übernehmen.

Die meisten der 200 Mitarbeiter der Senatskanzlei sitzen schon seit Wochen oder Monaten im Roten Rathaus. In Diepgens persönlichem Büro werden am Donnerstag die Kartons gepackt, Bürgermeisterin Christine Bergmann folgt am Freitag, und Volker Kähne will am Wochenende »das Licht ausmachen«. Am nächsten Dienstag gibt im Roten Rathaus eine weitere »symbolische Übergabe«. Diepgen wird die Schlüssel des alten neuen Rathauses von Bausenator Wolfgang Nagel empfangen und anschließend verdienten Berlinern den »Landesorden« verleihen. Pathosdämpfend könnte sich auswirken, daß auch Loriot ausgezeichnet werden soll. hmt