: Wird der Schlachthof geschlachtet?
■ Mit ABM am Ende / Ohne Programm- und Personalfinanzierung geht es nicht
Der Schlachthof sieht schweren Zeiten entgegen. „Wir wollen endlich so gefördert werden, wie wir von außen eingeschätzt werden“, erklärte gestern Vorstandsmitglied Gert Suchodolski gegenüber der Presse. Nach jahrelangen fruchtlosen Diskussionen mit der Kulturbehörde zog er jetzt die Konsequenzen: „Meine Geduld ist am Ende. Ich lege meine Tätigkeit im Vorstand des Schlachthof-Vereins nieder“.
Weitere langjährige Vorstandsmitglieder ziehen einen Rücktritt in Erwägung, da sie nicht mehr bereit sind, ohne Unterstützung ehrenamtlich und selbstausbeuterisch mit ihrer Arbeit auch Bremens kulturelles Renommee aufzupolieren.
Auf einem Fundament von ABM-Stellen und vom Sozialamt bezahlten §19-Stellen entwickelte sich zwar in zehn Jahren das Kulturzentrum aus einer Ruine zu einem der bedeutenden kulturellen Veranstaltungsorte Norddeutschlands. Am 1.10. aber laufen drei ABM-Stellen für die Bereiche Musik- und Theater-Veranstaltungen und die Video-Werkstatt aus. Eine Zusage der Kulturbehörde, Ende 1992 drei feste Stellen einzurichten, hätte eine Verlängerung der AB-Maßnahmen ermöglicht.
Bei einem Gespräch zwischen dem Schlachthof- Vereinsvorstand und der Kulturbehörde konnte Senatsrat Dieter Opper keine Zusage machen, eine Zusage zu geben, daß die dringend benötigten Stellen losgeeist werden können.
Auch zu einer größeren finanziellen Unterstützung des Kulturprogramms ist die Kulturbehörde nicht bereit. Ohne diese Unterstützung ist jedoch eine kontinuierliche kulturelle Breitenarbeit unmöglich. Unterdessen entwickelt sich der Schlachthof zu einem Service-Unternehmen für Arbeits- und Sozialamt. Beide treten häufig an den Schlachthof heran auf der Suche nach Stellen für ABM- Kräfte und BSHG-§19-Maßnahmen.
Der jährliche Betriebskostenzuschuß von der Stadt in Höhe von 150.000 Mark deckt noch nicht einmal die tatsächlichen Kosten. Ein für 1992 eingereichter Antrag über 1,2 Millionen Mark für Programm- und Personalmittel wurde von der Kulturbehörde schlichtweg als überhöht abgelehnt. Unklar ist, wie es jetzt weitergehen soll.
Eine Kommerzialisierung und höhere Saalmieten widersprechen den inhaltlichen Zielen des Schlachthof-Vereins. Dazu zählen nicht nur Konzerte des Musik-Festes, sondern auch Veranstaltungen wie das „Schultheater der Länder“ oder das Trompeten-Fest in der kommenden Woche. Sie können in Zukunft unter den bisherigen Bedingungen nicht mehr im Schlachthof stattfinden. Die Eintrittspreise und Saalmieten müssen erhöht werden. Gruppen und Initiativen verlieren ein Forum für die Präsentation ihrer Arbeit. juan
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