Ansichtssache

■ Erstes Gemeinschaftsprodukt von ZDF und DEFA: „Unser Haus“, ZDF, Montag, 19.30 Uhr

„Ihr Haus gehört mir“, sagt Westler Kurt Wrede (Hans-Peter Korff), als er bei der Brandenburger Familie Gleinich auf der Matte steht. Denn kaum wehte einmal der Mantel der Geschichte, hat das schmucke Häuschen an einem märkischen See gleich mehrere Besitzer. Klar, daß in dem Häuserkampf alle Beteiligten „im guten Glauben“ handeln, die einzig Richtigen zu sein. Das Thema des Fernsehfilms Unser Haus, den das ZDF nicht zufällig kurz vor dem „Tag der deutschen Einheit“ auf einen Programmplatz rückte, ist für manche kein Fernsehspiel, sondern Ernst des Lebens: Für zahllose deutsche Brüder und Schwestern — allein 200.000 Familien sollen im Raum Brandenburg betroffen sein — hört die Freundschaft auf, wenn es um Grund und Boden geht.

Eine Geschichte rund um ein deutsch-deutsches Reizthema ist nicht das einzige, was Unser Haus zu etwas Besonderem macht. Der Film in der Regie von Hartmut Griesmayr (Marx und Coca-Cola) und aus der Feder von Detlef Müller (Der Alte, Tatort) eröffnet eine Reihe von Projekten, die erstmals als Gemeinschaftsprodukte von ZDF und DEFA entstanden sind. Fünf Millionen Mark für fünf Produktionen hat der Mainzer Sender — so informiert das ZDF — als „Soforthilfe“ springen lassen, um der Potsdam-Babelsberger Filmfabrik „über die Durststrecke“ zu helfen. „Um einen Beitrag für den Aufbau eines modernen Film- und TV-Zentrums zu leisten“, möchte das ZDF sogar selbst Hausbesitzer auf dem DEFA-Gelände werden, verriet Intendant Dieter Stolte auf der Funkausstellung.

Von den etwa 1.300 entlassenen DEFA-Leuten haben jetzt bis zu 200 MitarbeiterInnen zumindest wieder eine (projekt)bezogene Aufgabe gefunden. Für Unser Haus kommt Personal des Ausstattungs- und technischen Bereichs aus der DEFA. Innerhalb der Schauspielercrew des Griesmayr-Films spielen Westler Westler, Ostler bleiben Ostler. Mit eingefrorener Mimik beharrt Hans- Peter Korff (Neues aus Uhlenbusch) als westlicher Spätheimkehrer, der es „von der Dienstwohnung zum Eigenheim“ bringen will, auf seinen Besitzansprüchen. Ursela Monn steckt als seine Gattin in einer Nebenrolle. Der ehemalige DDR-Star Peter Reusse steht Korff, alias Wrede, als Familienoberhaupt und Gegenspieler gegenüber. So wird das Fernsehpublikum aus den alten Bundesländern ganz nebenbei mit Gesichtern vertraut gemacht, die dort bisher keine Rolle gespielt haben.

Wenn Unser Haus auch deutlich der Familienserien-Ästhetik verhaftet ist, bleibt diese deutsch-deutsche Ansichtssache doch ein Versuch, ohne Schwarzweißmalerei auszukommen. Und auch wer zur Zeit ohne Dach über dem Kopf dasteht, kann sich hier in aller Ausgewogenheit ein Bild von den Motiven jener machen, die sich um eine Immobilie streiten. Und das ist ja schon mal was. Sabine Jaspers