Ein Strauß-Fan führt die Leipziger CDU

Neue Profile drängen auf die Bildfläche: Mit dem neuen Leipziger Kreisvorsitzenden stärkt sich der rechte Flügel  ■ Von Nana Brink

Leipzig (taz) — Der Mann ist eigentlich in der falschen Partei. „Aber nein, ich bin genau richtig. Die CDU in Sachsen und vor allem in Leipzig braucht ein neues Profil.“ Dafür will das ehemalige DSU-Mitglied sorgen. Seine politischen Vokabeln lesen sich wie die Eckdaten einer CSU- Bibel: konservativ, katholisch, deutsch-national.

Seit letztem Wochenende ist Joachim Hubertus Nowack (53) neuer Kreisvorsitzender der Leipziger CDU. Mit seiner Wahl vollzog sich die längst überfällige Neubesetzung mit einem unbelasteten Kandidaten, wie sie derzeit fast überall in den neuen Bundesländern von der Parteibasis gefordert wird. Allerdings gibt Nowack eine Marschrichtung vor, die sich in seiner deutsch-nationalen Färbung von der der bekannten Partei-Reformer unterscheidet. Sachsens „Parteineulinge“, vielleicht noch einig bei der Palastrevolution der altgedienten Funktionärsburg, ziehen beileibe nicht an einem Strang. Anders als die eher dem linken Flügel der sächsischen CDU zugehörigen Reformer um den Chef der sächsischen Staatskanzlei, Vaatz, scheint der Leipziger Ableger nun stramm nach rechts abzudriften. Der Ex-DSUler und Strauß-Verehrer Nowack macht keinen Hehl aus seiner Vorliebe für die bayerische CSU, deren Programmatik er problemlos auf seinen Freistaat angewendet sehen möchte. Vielen Delegierten gilt er so nicht nur als Garant für ein neues Profil des durch Mitgliederschwund arg gebeutelten Kreisverbandes, sondern steht ebenso für einen augenfälligen Bruch mit der Blockflöten-Vergangenheit der Partei. Die noch vor wenigen Wochen so heftig von der Basis eingeklagte „Vergangenheitsbewältigung“ schien sich dann allerdings mit der Wahl des Neuen erledigt zu haben. Im 13köpfigen Vorstand sitzt keiner der Altfunktionäre mehr. So konnten die beiden prominentesten Mitglieder des Kreisverbandes, die Altkader Krause (sächsischer Innenminister) und Goliasch (Fraktionsvorsitzender im Landtag) den „heilsamen Versöhnungskurs“ anmahnen, denn schließlich müsse die Partei zur nächsten Wahl ein „stimmiges Bild“ von sich geben.

Nowack ist Parteineuling. Nach einem Zwischenspiel bei der DSU, für die er in der Volkskammer gesessen und die er im Juni 1990 nach heftigen Querelen verlassen hatte, trat er im September 1990 in die CDU ein. Für Leipzig und Sachsen schwebt ihm, der Bayerns Innenminister Edmund Stoiber zu seinen Freunden zählt, ein Revival des weiß-blauen Wirtschaftswunders vor, das das Agrarland zum High- Tech-Mekka mit der höchsten Einkommensrate katapultierte. Förderung des Mittelstandes und aggressive Investitionspolitik gelten ihm als Zauberworte für den Aufschwung. Er meint zu wissen, wovon er redet: Seit März dieses Jahres sitzt der Diplomphysiker bei der Leipziger Treuhand-Niederlassung. Der Einblick in die Materie hat ihn zu der Überzeugung kommen lassen, daß im Rathaus einige „retardierende Momente“ auszumachen seien, die Verkäufe behindern und potientielle Investoren verprellen würden. „Leipzig ist zu langsam, wir haben nicht soviel Zeit.“ Pikanterweise schießt Nowack mit seiner Kritik ins eigene Lager. Im Neuen Rathaus regiert eine SPD-geführte große Koalition. Mit dem „Leipziger Allerlei“ soll nun Schluß sein, die CDU-Rathaus-Mannschaft ist Nowack zu lasch. Der parteiinterne Ärger ist also vorprogrammiert.

Auch auf anderen Gebieten zählt der sich als „katholisch und stur“ bezeichnende Leipziger zu den Mitgliedern des „Vereins für deutliche Aussprache“. So beklagt er den ständig fortschreitenden Asylmißbrauch und findet Verständnis für die Hoyerswerdaer Ausschreitungen, wiewohl er selbstredend Gewaltakte immer ablehne. „Frust im Hintern“ bemerkt er bei den Menschen, die bislang nicht viel von ihrer Revolution gehabt hätten. Die Ausländerfeindlichkeit sei doch nur das Ventil. Es sei eben nicht vermittelbar für „unsere Wohnungssuchenden“, daß Wohnungen an Ausländer vergeben werden. Und: „Die Deutschen waren nie eine multikulturelle Gesellschaft.“