Satirische 5-Minuten-Terrine

■ Kabarettist Richard Rogler teilt den „Nachschlag“ aus, ARD 23.00 Uhr

Eine Frisur, mit der sich sonst allenfalls noch Günter Netzer vor die Tür traut, den Körper ein wenig gebückt, von einer Statur, die Eduard Zimmermann in seinen XY-Fahndungsberichten als „untersetzt“ bezeichnen würde — man mag es kaum glauben, aber der Mann war früher mal oberfränkischer Meister im Zehnkampf. Aber statt Jürgen Hingsens schärfster Konkurrent zu werden, katapultierte sich Richard Rogler nach einigen Umwegen über Lehramtsstudium, Kindertheater, Szene- Kabarett und „seriösem Schauspiel“ mit seinem Stück Freiheit aushalten! 1986 auf den deutschen Kabarettisten-Olymp. Wenn er heute als Schlußläufer der diesjährigen ARD- Satire-Staffel erstmals zwischen Tagesthemen und Boulevard Bio zum 5minütigen Nachschlag ausholt, wird er sich auf der ungewohnten Kurzstrecke ordentlich ins Zeug legen. „Radikal einseitig und unausgewogen, immer hart, aber unfair“ will er „denen in Bonn“ (un-)gehörig die Leviten lesen. Den süffisant grinsenden, abgebrühten Zyniker zu mimen, ist ohnehin nicht Roglers Sache. Aber mit dem Gesichtsausdruck eines geprügelten Hundes den Miesmacher der Nation, den Wadenbeißer machen, das kann er wie kaum ein anderer. Eine Qualität, die ihn in den kabarettistischen Nischen unserer TV-Programme heimisch werden ließ.

Von grundsätzlichen Zweifeln, ob denn das Fernsehen in Form dieses satirischen Betthupferls für kritische Zeitgenossen das geeignete Medium sein kann, ist Rogler nicht befallen. „Da muß um diese Uhrzeit natürlich nochmal ein ordentlicher Schlag kommen. Sonst hätte man ja gleich den Kulenkampff mit seinen Nachtgedanken behalten können.“ Fürwahr ein Gedanke, der angesichts der Nachschlag-Ausgaben des letzten halben Jahres schon manchem gekommen sein dürfte. Denn nachdem Matthias Beltz die Reihe noch eingermaßen überzeugend eröffnet hatte, machte Hans Dieter Hüsch aus dem Satirehäppchen ein versöhnliches „Wort zum Mittwoch“. Und was sein Nachfolger Helmut Ruge als gestandener Sozialdemokrat im Späthippie-Look während der letzten drei Monate an wohlfeilen kabarettistischen Gemeinplätzen zum Besten gab, fügte sich nahtlos zwischen Ulrich Wickerts süffisanten Schlußkommentar und Bioleks unbeholfene Plaudereien auf der Couch.

Erst am Abend der Ausstrahlung wird Roglers Nachschlag aufgezeichnet. „Ich will noch auf die ein oder andere Meldung reagieren können“, sagt er. Zumindest was die Wahl des Schauplatzes für seine Rundumschläge gegen das differenzierte Denken betrifft, kann er sich vorab schon mal ein paar Punkte gutschreiben. Der WDR-Papst des nasalen Tiefeninterviews („Sind Sie nicht auch der Meinung, Herr Genscher...?“), Ernst Dieter Lueg, stellt ihm für seine verbalen Schandtaten das original Bericht aus Bonn-Studio zur Verfügung. Aber damit steht Rogler natürlich auch in der Pflicht. Bringt er mittwochs nix rüber, werden die Leute wohl lieber gleich beim urkomischen Original am Freitagabend bleiben. Reinhard Lüke