Bundesbahn verbannt Greenpeace-Magazin

■ Zugreisenden sollen keine kritischen Artikel über die „Droge Automobil“ zugemutet werden

Was der deutschen Chemie-Industrie recht ist, sollte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, wenn schon nicht billig, so doch möglich sein: der Aushang von Informationen in den Zügen der Deutschen Bundesbahn. Drei Tage lang konnten Zugreisende im September tatsächlich wählen zwischen 'Profil‘, einer Werbebroschüre der Pflanzenschutz- und Düngemittel-Industrie, die hier ihr „Engagement für eine saubere Umwelt“ und gegen das Verbot von Pestiziden präsentiert, und dem 'Greenpeace-Magazin‘. Dessen aktuelles Thema: „Droge Automobil“.

„Eigentlich müßte die Bahn uns dafür noch was bezahlen“, mokiert sich Christiane Pieper, Produktionschefin des Blattes, das seine LeserInnen unter anderem dazu auffordert, für einen Monat vom Auto auf alternative Fortbewegungsmittel umzusteigen.

Doch die Meinungsvielfalt in deutschen Eisenbahnabteilen war von kurzer Dauer: „Dem Aushang dieser Zeitschrift kann die DB im Hinblick auf die von ihr zu wahrende Neutralität nicht zustimmen, so daß wir weder den Aushang in den IR/D-Zügen weiterführen noch die geplante Aktion in den ICE-Zügen bestätigen können“, teilte die „Deutsche Eisenbahn-Reklame GmbH“ Mitte September den verblüfften Schienenfans mit. „Wir möchten ausdrücklich betonen, daß sich die Entscheidung der DB auf die jetzt vorgelegte Ausgabe bezieht.“

In dem Heft, so Bernhart Dirksmeier von der Deutschen Bundesbahn in Mainz, würden nicht nur der oberste Dienstherr der Bahn, Verkehrsminister Günther Krause, sondern auch Automobilfirmen in einer Form angegriffen, die sich die Bundesbahn „weder leisten würde noch leisten kann“. Gemeint ist damit wohl die Daimler Benz AG: „Ob Ihnen die neue S-Klasse oder Ihre Umwelt wertvoller ist, müssen Sie natürlich selbst entscheiden“, höhnte das 'Greenpeace- Magazin‘.

Das ehemalige Vorstandsmitglied von Daimler, Heinz Dürr, leitet heute nicht nur die Bundesbahn, sondern ist im Aufsichtsrat der Deutschen BP auch weiterhin der Benzinbranche verpflichtet.

Daß das öffentlich-rechtliche Monopolunternehmen Bundesbahn in seinen Abteilen nur dulden will, was es auch selbst vertreten kann, erscheint Greenpeace weder akzeptabel noch rechtlich haltbar. Die Organisation will deshalb nun die Meinungsfreiheit auf Schienen vor Gericht erstreiten.

Aus den Zügen der Deutschen Reichsbahn ist das 'Greenpeace-Magazin‘ übrigens nicht verschwunden. „Wir haben einen solchen Stornierungsauftrag nicht erteilt“, erklärte die zuständige Bearbeiterin der Hauptverwaltung auf Nachfrage. Da die Bundesbahnwerbung fest in Händen des DB-Unternehmens Eisenbahn-Reklame ist, war sie sich allerdings nicht ganz sicher, ob es sich nicht nur um „Demontageprobleme“ handelte. Benny Härlin