Ein Vermittler zwischen Kreativen und Kommerz

■ Verlagskaufmann Martin Stolz gibt einen Designer-Führer heraus

Schöneberg. In blendendem Weiß strahlt die frisch renovierte Fassade des Eckhauses in der Schöneberger Kalckreuthstraße, und ein roter Läufer führt durch den noblen Aufgang zum Büro der Firma »Endpress«. Eine mannshohe Buddha-Statue aus Styropor empfängt die Besucher im Flur, ein 50er-Jahre-Musikmöbel dudelt, und ein Stapel bunter Plakate harrt auf einem Ledersofa verblichener Eleganz seiner Verwendung.

Der junge Mann mit den dunklen Locken, der in seinem Büro hinter einem wuchtigen Gründerzeit- Schreibtisch zwischen Computer, Fax und ständig klingelnden Telefonapparaten sitzt, hat leuchtend grüne Augen und sehr lange Wimpern. Er trägt eine Latzhose, jüngstes Teil seiner Gaderobe, die, wie er angibt, aus ein paar T-Shirts, Hemden und vier Jeans besteht.

Wer ein durchgestyltes Mode- Opfer erwartet hat, ist überrascht: »Radical Chic« — so der Titel des von ihm herausgegebenen Designführers — ist Markus Stolz mit Sicherheit nicht. Ebensowenig entspricht er dem Klischee eines Agentur-Chefs, doch am Telefon entwickelt der 25jährige Mann schlagartig jenes wichtig-seriöse Timbre, das ihn als einen im Umgang mit Medien und Sponsoren gewieften PR-Mann auszeichnet.

Ist das Äußere vielleicht Teil eines raffinierten Image-Konzeptes? Jedenfalls stellt Markus Stolz eine erfrischende Mischung aus Idealismus und gesundem Geschäftsgeist dar. Nach einer Ausbildung als Verlagskaufmann in Hamburg zog es Markus Stolz 1986 nach Berlin. Ihn faszinierte das Image der Stadt als ein Zentrum der Subkulturen und des kreativen Lebens.

Ausgerechnet die unübersichtliche Mode-, Möbel- und Fotografieszene Berlins wählte sich Markus Stolz als Betätigungsfeld. Mit der Off-Modemesse »Ave«, bei der er neben Gabi Heimberg als Mitveranstalter fungierte, wurde ein Forum für innovatives und experimentelles Design ins Leben gerufen, das sich — allen Unkenrufen zum Trotz — neben den etablierten Messen behaupten konnte.

Vor diesem Hintergrund begann Markus Stolz mit der Arbeit an »Radical Chic«, einem jährlich erscheinenden Who is Who der Design- Szene, das neben Einzelportraits sämtlicher Designer aktuelle Trends und Tendenzen aufzuzeigen versucht. Seine Aufgabe sieht Markus darin, »die Mythen der Stadt zu verwalten und das, was flüchtig ist, festzuhalten«, eine Äußerung, die viel über seine Motive verrät: Markus Stolz ist ein Überzeugungstäter. Er glaubt an das kreative Potential Berlins, das sich »in seiner Unstrukturiertheit nur schwer nach außen vermitteln läßt«.

Das will er ändern und gleichzeitig Firmen mit Kapital für Berliner Off-Projekte gewinnen. Dabei geht es ihm darum, Geschäfte einzufädeln, von denen beide Seiten profitieren: »Ich sehe mich als eine Art Mittler zwischen den Kreativen auf der einen Seite und den Medien und Sponsoren auf der anderen.« Das Rezept scheint zu funktionieren: Derzeit organisiert Markus Stolz unter dem Titel »Blue Times« für die Firma Levi's eine Ausstellung zur 150jährigen Geschichte der Jeans, die im Oktober im Tempodrom gezeigt wird. Im Gegenzug veranstaltet Levi's einen Workshop für junge Berliner Designer, deren Entwürfe zum Teil in künftige Kollektionen übernommen werden sollen, und zumindest zwei von ihnen winkt die Chance einer Ausstellung.

Die Zukunft beurteilt Markus Stolz für Berlins Designer auch in kommerzieller Hinsicht optimistisch: »Viele werden professioneller arbeiten müssen, doch ich denke, daß sich das europäische Interesse über kurz oder lang gerade auf Berlin richten wird, weil es die Stadt mit den spannendsten Bewegungen im Mode- und Designbereich ist«, meint der clevere Unternehmer. Martin Schacht