Paten für Flüchtlingsheime

■ IG Metall will Schutz für Flüchtlinge organisieren/ DAG-Chef Issen fordert Solidarität mit Ausländern/ Lambsdorff vermißt Zivilcourage/ Elie Wiesel kritisiert Kohl

Berlin (taz/ap/dpa) — Nach wochenlanger Sendepause haben gestern erstmals hohe Gewerkschaftsfunktionäre zum Schutz für Flüchtlinge und Immigranten aufgerufen. IG-Metall-Vorsitzender Franz Steinkühler möchte Patenschaften für Flüchtlingsheime organisieren um so Asylsuchende effektiv zu schützen. Steinkühler forderte dazu auf, die „unselige Asyldiskussion“ endlich zu beenden. Die GEW Berlin hat ihren Mitgliedern nahegelegt, nach gründlicher Vorbereitung mit Schülern Flüchtlingsheime zu besuchen und eventuell Patenschaften zwischen Schulen und Heimen zu übernehmen. Die persönliche Begegnung sei das beste Mittel, „um Verständnis füreinander zu erreichen“.

Die zunehmenden Angriffe auf Ausländer haben den ersten Tag des Bundeskongresses der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft bestimmt. Vorsitzender Roland Issen forderte am Montag zu Solidarität mit den ausländischen Mitbürgern auf und verlangte Wirtschaftshilfen für die Herkunftsländer.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten meldete sich auch zu Wort und kritisierte die Gewerkschaft der Polizei: gerade jetzt müsse die Polizei sich selbstkritisch in Frage stellen und ihr Verhalten auf rassistische Merkmale überprüfen. Der GDP-Vorsitzende Lutz hatte zuvor in einem Interview gesagt, die Polizei könne Flüchtlinge nur schützen, wenn diese in zentralen Sammellagern untergebracht werden.

Auch zwei führende Bundespolitiker entdeckten mittlerweile ihr Herz für Flüchtlinge. Bundestagspräsidentin Süssmuth rief in einer Veranstaltung in Ost-Berlin alle Bundesbürger dazu auf, Ausländer selbst zu schützen und dies nicht nur der Polizei zu überlassen. FDP-Chef Lambsdorff forderte die Bürger zu mehr Einsatz für Ausländer auf. Er beklagte, daß viele Bürger bei den gewaltsamen Angriffen auf Immigranten weggeschaut, zugeschaut oder diese geduldet hätten. Hier sei mehr Bereitschaft, sich „Randalierern entgegenzustellen“, gefordert.

Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel hat in Paris das mangelnde Engagement Kanzler Kohls beklagt. „Ich habe von Kohl keine Stellungnahme gehört, die klar und humanistisch genug wäre, um den Haß gegen Fremde zu entkräften“, erklärte er im französischen Rundfunk. „Wenn man zu hassen beginnt, wird man letztlich alle hassen, die anders sind.“

Das eigenes Engagement in Deutschland jedoch eher auf amtliche Ablehnung stößt, mußten am Wochenende Bürger in Darmstadt feststellen. Nach einer antirassistischen Aktion auf dem zentralen Luisenplatz (ein Denkmal wurde mit einem Transparent abgedeckt) wurden sie auf dem Nachhauseweg von insgesamt fünf Einsatzwagen der Polizei verfolgt und festgenommen. jg