Macht und Ohnmacht des Buchs

■ Buchmesse Frankfurt: Möllemann, Don Quichotte und die allerherzlichsten Sympathiekundgebungen für die taz

Frankfurt (taz) — Der Dienstag abend ist der Messetag der Fest- und Fensterreden: Zur Eröffnung der weltgrößten Buchmesse wird von offizieller Seite das Buch an sich im Wandel der Zeiten und in seiner gesellschaftlichen Spiegelbildlichkeit immer wieder gern und aufs schärfste beschworen. Den Vogel schoß heuer der Volksschullehrer und Fallschirmspringer J.W.Möllemann ab: „Manche fragen auch nach der Wirkung des Buchs, die von Macht bis Ohnmacht reicht. Ohnmächtig blieben letztlich Das Kapital und das Kommunistische Manifest, die Bibel und Don Quichotte erwiesen sich als die stärkeren Bücher.“ Gerade letzteres Buch scheint unser smarter Wirtschaftsminister nicht gelesen zu haben, sonst müßte er statt Wachstum die Kunst des Scheiterns predigen. Und was die Bibel angeht, ist Nächstenliebe ja nun auch nicht gerade mit dem Konkurrenzprinzip des „freien“ Marktes kompatibel. Aber wen interessiert schon Möllemann, viel interessanter ist die taz. Am Messestand (Halle 6.0, G 163) drängeln sich Besorgte und Neugierige mit der immer gleichen, vorsichtigen Frage: „Wie geht es eigentlich jetzt der taz?“ Das multimediale Gedröhne über die „Krise“ hat sogar schon dazu geführt, daß manche völlig überrascht sind, daß es uns überhaupt noch gibt: „In der 'Stuttgarter Zeitung‘ stand: Es hat sich ausgetazt, wie kommt's, daß ihr noch da seid?“ Das Standpersonal hat sich auf eine Standardantwort geeinigt: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst!“ Die Sympathiewelle äußert sich unter anderem im hemmungslosen Abgreifen von Werbematerial und Aufklebern — einer ließ einen ganzen Packen Aufkleber mitgehen, mit dem Argument: „Ich will was tun für die taz und werde sie an strategisch wichtigen Stellen plazieren.“ Was soll da eigentlich noch schiefgehen — die Leser-Blatt-Bindung ist ungebrochen, und falls doch etwas schiefgehen sollte, an den LeserInnen liegt es nicht. Mbr.