Erneut Anschläge auf Flüchtlingsheime in NRW

■ Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth verurteilt Gewalt gegen Ausländer/ Demonstrationen geplant

Berlin (ap/taz) — In Nordrhein- Westfalen haben unbekannte Täter in der Nacht zum Donnerstag erneut vier Anschläge auf Asylbewerberheime verübt. Insgesamt acht Schüsse wurden auf zwei Unterkünfte im rheinischen Hürth-Fischenich abgegeben. Wie die Polizei in Köln mitteilte, durchschlugen sechs Projektile das Fenster eines Hauses, verletzten aber niemand. In Bonn-Poppelsdorf schleuderten Unbekannte nachts einen Brandsatz gegen die Außenwand einer Asylbewerberunterkunft. Er sei erloschen, ohne Schaden anzurichten, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf. In der Gemeinde Erntebrück im Kreis Siegen wurden Steine gegen drei Wohnwagen geworfen, in denen Asylbewewerber untergebracht sind. Auch hier wurde niemand verletzt. Im westfälischen Ense in der Nähe von Soest wurde ein Wohnheim für Asylbewerber angezündet. Die zwölf libanesischen Bewohner wurden nach Angaben eines Polizeisprechers vorübergehend in ein Krankenhaus einquartiert. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

Unklar war nach dem Brand in einem Asylbewerberheim im oberbergischen Hückeswagen vom Mittwoch, ob das Feuer wirklich auf einen Anschlag zurückzuführen ist. Dies hatten nach Angaben der Polizei zunächst Zeugen berichtet. „Die Brandursache wird noch geklärt“, hieß es am Donnerstag bei der Polizei in Gummersbach.

Unterdessen wächst der Protest gegen die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland. Etwa 10.000 Menschen demonstrierten nach Schätzung der Veranstalter am Mittwoch abend in Köln gegen Rassismus und Ausländerhaß. Die Polizei meldete 6.000 Teilnehmer, die mit Spruchbändern wie „Liebe Ausländer, bitte laßt uns mit diesen Deutschen nicht allein“ durch die Domstadt zogen. Kleinere Demonstrationen hatte es am Mittwoch in Unna und in Krefeld gegeben. In Krefeld und in Münster soll es auch am Donnerstag Proteste geben. In Essen ist für diesen Samstag eine Demonstration geplant.

Der Bundestag hat die Welle der Gewalt gegen Ausländer mit Nachdruck verurteilt und all denen gedankt, die sich auf die Seite der Bedrohten stellen. „Für die Gewalttaten der letzten Wochen und Tage gibt es keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung“, betonte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth gestern in einer Erklärung, die von allen Fraktionen getragen wurde. Wer Gewalt anwende, zu Steinen und Brandsätzen greife, dürfe nicht mit Verständnis rechnen, sagte die Präsidentin. „Er begeht Straftaten, die von den Strafverfolgungsbehörden unnachsichtig verfolgt werden müssen.“ Süssmuth sagte: „Wir Parlamentarier lassen nicht zu, daß eine kleine Minderheit denjenigen, die als Flüchtlinge zu uns kommen und auf unseren Rechtsstaat vertrauen, mit Haß und Fremdenfeindlichkeit begegnet.“