DT64 wird ausverkauft!

Dynamo Dresden besiegte Werder Bremen mit 2:1 Im Vorspiel gewann „DT64“ gegen „elf99“ mit 4:2  ■ Aus Dresden Hagen Boßdorf

„Den Rasen können sie uns nicht zerlatschen, der ist schon schlecht genug“, dämpfte Dresdens Trainer Schulte vor dem Spiel gegen Bremen die Ängste seiner Spieler. Mit „DT64“ (Radio) und „elf99“ (Fernsehen) stellten sich die beiden populärsten Jugendmedien der „DDR“ in einem fußballerischen Schaukampf im Rudolf-Harbig- Stadion. Beide Sender sind Ende des Jahres von Abschaltung und Abstieg ins mediale Nichts bedroht.

Dieser Schatten des Abstiegs eint die freudbetonten Balltreter mit den Berufsspielern von Dynamo Dresden. Platz 19 nach zwölf Spielen, nur sieben Tore, aber genauso viele Platzverweise — die Sachsen waren wohl zur Rettung ihres Trainers angetreten. „Wir konnten von den beiden schnellen Toren bis zum Schluß zehren“, zeigte dann sich Kapitän Pilz erleichtert. Zuerst paßte Verteidiger Hauptmann steil zu Scholz, der das Leder unverzüglich ins Bremer Tor weiterleitete (13.). Dann flankte wieder Hauptmann auf Scholzens Lockenkopf, Reck konnte die Kugel nicht festhalten, wofür sich Gütschow mit seinem fünften Saisontreffer bedankte (15.). Zur Halbzeit träumten 15.000 Zuschauer vom ersten berauschenden Kantersieg der Dynamos.

Davon konnte nach der Hälfte des Vorspiels keine Rede sein. Aus beinharten, festgefügten Abwehrketten zogen die Journalisten und ihre technischen Kollegen knallharten Konterfußball auf. Zuerst rückte ein Kraftfahrer das „elf99“- Team per Fernschuß ins rechte Bild, dann gab „DT64“ durch Tore eines seiner Sportreporter wieder den Ton an. Am Ende gewann das Radio 4:2 gegen das Fernsehen, was weder bei den anschließenden Interviews noch beim Biertrinken eine Rolle spielte. Das Ergebnis war egal, allein der Spaß war wichtig.

Das ist bei den Profis genau umgekehrt. Pokalsieger Bremen verkürzte durch Neubarth nach Abklatschfehler von Dynamo-Keeper Müller auf 1:2 (57.). Doch dabei blieb es trotz Werder-Powerplay und Dynamo-Kontern. „Dieser Sieg muß uns Selbstvertrauen geben“, hofft der zunächst gerettete Coach Schulte vor dem „Ost“- Derby gegen Hansa Rostock am kommenden Sonnabend, „ich werde bei der Auswertung auch nichts zu den ausgelassenen Konterchancen sagen.“ Sein Blick geht nach vorne und vor allem nach oben — in der Tabelle. Willi Lembkes Blick dagegen ging durch die Reihen der Vorspiel-Teams.

„Der Stürmer mit der Nummer neun ist eine Granate, den habe ich schon ins Auge gefaßt“, flaxte er am Rasenrand und wollte keine Ablösesumme für den vierfachen Torschützen des Jugendradios nennen. Bremens Torwart Reck attestierte seinen torstehenden Kollegen „Weltklasseleistungen“ und Dresdens Kapitän Pilz wunderte sich: „Wie drangvoll die Stürmer in die Spitze gingen, war schon nicht schlecht.“ Nur Trainer Schulte verweigerte die Lobhudelei: „Das ist ungerecht, wir müssen 38 Mal spielen und die konzentrieren sich auf einen Saisonhöhepunkt.“ Der brachte nebenbei auch noch 15.000 D-Mark für SOS-Kinderdörfer ein, während Dynamo Dresden mit seinen zwei Punkten auch ganz zufrieden war.

Anmerkung der Restredaktion: Was der verschämte Berichterstatter, taz-Redakteur und DT64-Reporter verschwieg: Die Nummer neun, viermaliger Torschütze und seither umschwärmter Stürmerstar heißt: na? Na also: Hagen Boßdorf. Hagen, wir sind stolz auf dich!!!!

Dynamo Dresden: Müller — Maucksch — Schößler, Wagenhaus (64. Melzig) — Kern, Scholz, Hauptmann, Kmetsch, Pilz — Rösler (89. Page), Gütschow.

Bremen: Reck — Bratseth — Borowka, Votava — Legat (70. Otten), Hermann, Eilts, Bockenfeld, Neubarth — Kohn (70. Allofs), Bode.

Zuschauer: 15.000, Tore: 1:0 Scholz (13.), 2:0 Gütschow (15.), 2:1 Neubarth (57.).