Weltbank: Bildung statt Rüstung

■ IWF-Jahrestagung in Bangkok gestern eröffnet/ Albanien als 156. Vollmitglied aufgenommen

Bangkok (ap/taz) — Mit einem eindringlichen Appell zur Kürzung von Rüstungsausgaben und zugleich optimistischen Ausblicken für die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Industrieländer und der Staaten der Dritten Welt hat gestern die Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Bangkok offiziell begonnen. Der Direktor des IWF, Michel Camdessus, begrüßte vor den rund 3.000 Delegierten aus 155 Ländern vor allem die Vertreter der UdSSR und der baltischen Staaten, die die Aufnahme in die Organisationen beantragt haben und versprach ihnen größtmögliche Unterstützung bei ihren Reformprogrammen. Albanien, das wirtschaftliche Reformen zugesagt hat, wurde als 156. Vollmitglied in den IWF aufgenommen.

Mit Blick auf das Ende des Kalten Krieges, die Fortschritte bei der Überwindung der Rassentrennung in Südafrika und das Ende des Golfkrieges sprachen Camdessus und Weltbankpräsident Lewis Preston von „nie dagewesenenen Möglichkeiten“ für den Frieden und die Verbessserung der Lebensbedingungen für Millionen von Menschen. „Die Aussichten für die Lage der Welt stimmen zuversichtlich“, sagte Preston.

Allein in diesem Jahr seien 20 Milliarden Dollar von öffentlichen und privaten Gebern nach Osteuropa geflossen, was, so Camdessus, eine „beeindruckende Demonstration internationaler Solidarität“ sei. Er hoffe, daß die jetzige Assoziierung der UdSSR bald zur vollen Mitgliedschaft beim IWF führen werde.

Camdessus und Preston riefen die Industrieländer auf, für ein stabiles Wachstum, Preisstabilität und den Abbau von Ungleichgewichten zu sorgen. Große Bedeutung maßen sie einem erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen („General agreement on trade and tarifs“, Gatt) in diesem Jahr zu. Der IFW-Direktor erklärte weiter, im Rüstungsbereich seien erhebliche Einsparungen möglich. Derzeit betrügen die Ausgaben für Rüstungsgüter weltweit 4,5 Prozent des Bruttosozialprodukts. „Das ist sicherlich zu hoch“, fügte er hinzu. Viele Länder sollten in der Lage sein, Kapital und personelle Kapazitäten für poduktivere Zwecke als die Rüstung einzusetzen, um so ihre Wachstumschancen zu verbessern. Camdessus forderte zudem eine Beschränkung des Waffenverkaufs an die Dritte Welt. Der Zugang zu Exportkrediten zum Waffenkauf solle erschwert werden. Bei weniger Militärausgaben könnten die Industriestaaten ihre Hilfe verstärken.

Preston sagte, die militärischen Ausgaben seien im Durchschnitt doppelt so hoch wie die Aufwendungen für Ausbildung und Gesundheit. Eine Einschränkung von Verteidigungsausgaben würde den Bedarf an Auslandskapital verringern und es möglich machen, daß die knappen Mittel für andere Ausgaben verwendet werden könnten.

Siehe Kommentar S.12