Keine gläsernen Stasi-Abgeordneten

■ Bundestag will sich auf Stasi-Leute überprüfen — aber in der Regel nur freiwillig

Berlin (taz) — Die Bundestagsabgeordneten aus Ost und West werden künftig auf eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst der Ex- DDR durchleuchtet — in erster Linie aber nur, wenn sie sich freiwillig einer Überprüfung stellen. CDU/CSU, FDP und SPD einigten sich darauf, zur heutigen Sitzung des Bundestages einen entsprechenden Gesetzentwurf in erster Lesung einzubringen. Nach den Worten des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD- Fraktion, Peter Struck, könnte der Entwurf anschließend in der ersten Novemberwoche verabschiedet werden. Geprüft werden soll eine mögliche „hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit oder politische Verantwortung für den Staatssicherheitsdienst“ der einzelnen Abgeordneten. Zuständiges Gremium soll aber nicht, wie etwa vom Bündnis 90/Grüne gefordert, ein Sonderausschuß, sondern der Bundestagsausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung werden. Beim Vorliegen „konkreter Anhaltspunkte“ endet dem Entwurf zufolge die Freiwilligkeit der Überprüfung. Für diesen Fall wird der Ausschuß ausdrücklich ermächtigt, auch „ohne Zustimmung“ des Betroffenen tätig werden.

Wesentliche Punkte wurden bei der Einigung ausgespart. Umstritten bleibt etwa, ob die Ergebnisse der Überprüfungen öffentlicht gemacht werden. Während sich die Sozialdemokarten für eine Bekanntgabe aussprechen, herrscht nach den Worten Strucks in der Union die Auffassung, daß belastete Abgeordnete die Möglichkeit erhalten müssen, sich außerhalb des Bundestages eine neue Existens aufbauen zu können.

Die Bundestagsgruppen von Bündnis 90/Grüne und PDS wurden zur Beratung gar nicht erst geladen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse dürfte der vom Bündnis bereits im Frühjahr eingebrachte Entwurf, der eine regelmäßige Überprüfung aller Abgeordneten, Minister und Staatssekretäre durch eine Sonderausschuß vorsah, keine Chance haben. wg