Bremer Ampel steht auf Gelb-Grün

Um eine große Koalition zu verhindern, wollen die Bremer Grünen sich auf ihre „zweite Wahl“ einlassen/ Das bedeutet: Koalitionsverhandlungen auch mit den Freien Demokraten/ Die FDP freut sich  ■ Aus Bremen Klaus Wolschner

Nach dreistündiger kontroverser Debatte fielen am Dienstag abend die Würfel in der Mitgliederversammlung: Die Bremer Grünen werden sich auf Verhandlungen um eine Ampelkoalition einlassen.

Zwar hätte Rot-Grün sowohl im Landesparlament (52 von 100) wie in der Bremer Stadtbürgerschaft eine knappe Mehrheit, der bisher alleinregierenden SPD ist dies allerdings rechnerisch und auch gesellschaftlich eine zu schmale Basis. Das hatte der SPD-Landesparteitag am vergangenen Samstag erkannt und gleichzeitig mit einem deutlichen Votum ihrem Wahlverlierer Klaus Wedemeier das Vertrauen ausgesprochen. Der drohte kaum verhohlen mit einer großen Koalition, falls die Ampelverhandlungen scheitern sollten.

Was tun, wenn sich die Sozialdemokatie nicht erneuert? Das war die Frage nun für die Grünen. Im Wahlkampf hatten sie sich auf Rot-Grün festgelegt und einen erdrutschartigen Stimmenverlust der selbstherrlich regierenden SPD nicht ins Kalkül gezogen.

„Große Koalition heißt Filz im Quadrat“, war denn auch die Reaktion auf der Grünen-Versammlung, „ich habe Angst vor einer großen Koalition“ ein häufig wiederholtes Argument. Bürgerinitiativ-Enthusiasten hielten dagegen, daß die große Koalition in den 60er Jahren ein prima Klima für die außerparlamentarische Opposition geschaffen habe.

Die neu in die Bürgerschaft einziehende Sozialpolitikerin Karoline Linnert warnte davor, sich mit einer weder personell noch programmatisch erneuerten SPD einzulassen und dazu noch das politische Rechtsgewicht der FDP mit in einen Dreierbund zu nehmen. Wedemeiers Wunschkoalitionspartner sei seit Monaten nur die FDP, die Grünen seien „ungeliebte Gören“ und würden nur als Zählkandidaten hinzugenommen. Wenn drei Tage nach der ultimativen Beschlußfassung der SPD gegen Rot-Grün die Grünen von ihrer Wahlaussage abwichen und nun für Ampel einträten, sei dies ein schlechtes Zeichen. Linnert erhielt den deutlichsten Beifall des Abends, sie sprach der grünen Basis aus der Seele.

In der Abstimmung überwogen dann schließlich aber mit 53:47 Stimmen andere Argumente. Einen „Tunnelblick“ warf der Hochschullehrer Zoltan Szankay denen vor, die jetzt nur die Parteitaktik sähen. Das sozialdemokratische Jahrhundert gehe zu Ende, und wenn sich die Grünen jetzt der SPD auslieferten, hätte das „ungute Konsequenzen“ auch für die Stadt. „Nicht mit halben Tönen“ sollte man deshalb in die Gespräche mit der FDP gehen.

In einem eindringlichen Appell beschwor Ralf Fücks, unbestrittener Kopf der Bremer Grünen, seine Basis, sich jetzt „nicht im Bunker der Prinzipien zu verbarrikadieren“. Aus der Minderheitenrolle heraus müßten die Grünen gesellschaftliche Kräfteverhältnisse verändern. Fücks machte aus der Bremer Not eine bundesweite Tugend: Die Ampelkoalition, sei möglicherweise das Modell, mit dem allein auch in Bonn die jetzige Bundesregierung abzulösen sei.

Genscher wie FDP-Chef Graf Lambsdorff hatten ihren Bremer Parteifreunden signalisert, sie sollten ihre anfängliche Scheu überwinden und sich auf die Vorstellung einlassen, die rein numerisch überflüssige Rolle als Zusatzpartner für Rot- Grün zu spielen.