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Kinder-Oper, selbsterfunden!

■ 40 Bremer Kinder proben / Herbstferien-Aktion von Dacapo und Bürgerhaus

Spielen Verboten! Kaugummis verboten! Klavierspielen STRENGSTENS verboten!! Solche gemeinen Schilder liegen im Bürgerhaus Weserterrassen überall rum. Aber abwarten! Fast 40 Bremer Kinder stellen da nämlich gerade ziemlich die Welt auf den Kopf. Ziemlich frei nach Erich Kästners Stück „Die Konferenz der Tiere“ erfinden und proben sie zusammen vier Herbstferien- Tage lang mit MusikerInnen von Dacapo und einer Video-Spezialistin aus dem Bürgerhaus eine richtige Kinder-Oper. Mit Tieren, Fernseh- und Presseleuten, Politikern und Kindern — aber alles von den Kindern gespielt!

Boooh ist die Weser voll! Steigt die bis zur Straße? In der Gruppe der Kinder, die in der Oper die Kinder spielen, stehen ein schwarzglänzender Pracht-Flügel und ein paar Keyboards. Aber alle Kinder stehn gerade am Fenster und gucken Hochwasser. Und dürfen das auch! Dann Ungeduld: Wann geht es los? Jedes Klavier, jedes Keyboard ist dreifach besetzt. Kleine Schildchen kleben auf den Tasten: Für die linken und die rechten Finger. Ein Mädchen verrät aufgeregt: Ich hab noch nie Flügel gespielt!! Am Donnerstag, als der Flügel ankam, war das heimliche Instrumentenkunde: Wie schwer der war! Wie die Packer geschuftet und geschwitzt haben! Was der wohl kostet: 700 Mark? 1.000? Oder 10.000? Was, 80.000?! Boooh. Und die Saiten: So kurze und sooo lange! Entdeckungen: wenn man ein Blatt Papier auf den Lautsprecher vom Keyboard legt und spielt, dann vibriert das wie beim Kammblasen. Lauter! Also sind Töne aus Luft!? Dann spielen und singen alle zusammen, 2-Finger- Rhythmus, Melodie — und ein (mit nur einem klitzekleinen bißchen Hilfe) selbstausgedachten Lied: Alles ist verbo-ten / Wir Kinder sind die Doo-fen...Wir müssen lauter singen!

Im Keller trommelt gerade das Specht-Orchester. Das gehört überhaupt nicht zum Stück. Wieso soll man nur machen, was nachher auch vorkommt? Eine kleine Dirigentin hat schon ganz rote Wangen vor Eifer. Wenn sie große Kreise mit den Armen macht, trommeln die anderen 5 Kinder ganz wild. Das sind eigentlich Eisbär, Löwe, Panda, Känguruh und Pinguin. Die passen scharf auf. Wenn die Dirigentin vorn die Luft flach streichelt, rühren die anderen nur zart auf den Trommelfellen. Geht sie in die Hocke, werden die anderen ganz, ganz leise... Dann ist ein Junge Dirigent. Der Trommel stehen schon alle Haare zu Berge! Macht nichts. Ein Mädchen kneift bei jedem Schlag die Augen zusammen, haut aber kräftig drauf.

Oben proben die Kinder, Reporter und Fernsehansagerinnen zu sein. Die dürfen im Stück nämlich mit den Kindern und Tieren kommen, damit sie im Fernsehen über alles berichten. Damit die Erwachsenen endlich kapieren und mit den Kriegen aufhören. Zwei Mädchen lesen in Papp- Fernsehern Nachrichten vor. Das Publikum sitzt später in der Mitte, und von den vier Ecken aus wird gespielt: Die Tiere tun sich zusammen, die Politiker sind baff, die Kinder werden entführt... Aber wie es ausgeht, kann ich noch nicht verraten. Selbst wenn ich wollte. Das denken sich die Kinder nämlich erst noch aus. Susanne Paas

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