Teure Läden machen den Kleinsten Kummer

■ Nicht etablierte DesignerInnen gehören zu einer der Berufssparten, die unter den steigenden Gewerbemieten leiden/ Insbesondere bei Neuvermietungen wird kräftig zugelangt/ Die Geschäfte in den Ostteil zu verlegen ist keine Alternative

Berlin. Nicht unbedingt neu ist es, daß in Berlin seit der Entscheidung der Hauptstadtfrage die Gewerbemieten explodieren. Ein spezieller Kreis allerdings hat besonders unter den oftmals drastischen Mieterhöhungen zu leiden: Berlins DesignerInnen.

Fiel es bislang nicht sonderlich schwer, preisgünstige Ateliers, Werkstätten und Läden zu finden, auf die gerade junge und nicht etablierte DesignerInnen oder solche, die nicht im kommerziellen Bereich arbeiten, angewiesen sind, so müssen sie sich jetzt auf neue Gepflogenheiten einstellen. Beispiele gibt es zuhauf, und gekämpft wird um die strittigen Objekte häufig mit harten Bandagen: sowohl Herbert Weinand, dessen Geschäft in der Wielandstraße seit 1985 als Anlaufstelle für innovatives Design gilt, als auch Hans-Peter Jochum, der im gleichen Haus die Design-Galerie »Extra« betreibt, prozessieren seit Anfang des Jahres gegen den neuen Hausbesitzer, die »Berolina«.

Herbert Weinand: »Aufgrund einer mündlichen Zusage des alten Vermieters, von der der neue Besitzer nichts wissen will, haben wir die Läden für mehrere zehntausend Mark renoviert. Die Miete soll jetzt um 600 Prozent auf 7.500 DM angehoben werden. Das heißt, daß wir rausgehen müssen. Bei derartigen Mieten kann man als engagierter Galerist nicht arbeiten.«

Hans-Peter Jochum: »Diese Mietforderungen sind völlig spekulativ. Die Wielandstraße ist keine Durchgangsstraße. Der Grund, warum unsere Läden gut laufen, ist, daß wir bei den Kunden einen Namen haben, und davon will der Vermieter profitieren. Man will uns noch nicht einmal Abstand zahlen.«

Einen Prozeß haben die Galeristen bereits verloren, ein zweiter läuft derzeit, immerhin eine Möglichkeit, Zeit zu gewinnen, um neue Räume zu suchen. Glück hingegen hat die Hutmacherin Claudette Outland, deren Geschäft Tür an Tür mit den beiden Galeristen liegt. Sie hat nichts zu befürchten, da das Nachbarhaus einen anderen Besitzer hat.

Bei diesem Beispiel handelt es sich nicht um Einzelfälle aus dem Innenstadtbereich, auch in Kreuzberg haben die Mieten kräftig angezogen. Insbesondere bei Neuvermietungen wird kräftig zugelangt. So bezahlen die Besitzer der Boutique »Tollschock« in der Eisenbahnstraße für ihren Laden das Dreifache der Vormieter: 1.800 Mark.

Die Hutmacherin Fiona Bennett und die Designerin Lisa D., deren gemeinsames Atelier in einem Keller in der Kreuzbergstraße liegt, sollen für den Raum ohne Toiletten statt 350 Mark fast 1.000 Mark bezahlen. Sie ziehen die Konsequenzen und gehen nach Berlin-Mitte. In der Nähe des Rosenthaler Platzes fanden sie neue und günstige Räume. Stellen die Ostbezirke für Werkstätten und Ateliers noch eine Alternative dar, so steht diese Möglichkeit Geschäften, die auf Publikumsverkehr angewiesen sind, nicht offen.

Herbert Weinand: »Es ist nahezu unmöglich, Kunden in den Osten zu kriegen. Man müßte erhebliche Umsatzeinbußen in Kauf zu nehmen.« Einen möglichen Ausweg aus der Misere bietet das »Shop-Sharing«. Um die Kosten für Miete und Renovierung möglichst gering zu halten, teilen sich sieben Designer den Laden »71 Engel« in der Grunewaldstraße — mit Erfolg. Klaus Bergmann von »Gentlemans's Wardrobe«: »Es dauert ohnehin drei Jahre, bis sich ein Laden rentiert und das teuerste sind normalerweise die Personalkosten. Mir macht es richtig Spaß, einmal die Woche im Laden zu sitzen.« Martin Schacht