Verfassungsschutz bläht sich auf

■ Trotz der Sparbeschlüsse des Senats steigen die Ausgaben des Verfassungsschutzes/ Neuer Aufgabenbereich ist die Telefonüberwachung

Berlin. Der Verfassungsschutz wird weiter aufgerüstet. Die Ausgaben für das Landesamt steigen 1992 gegenüber dem Vorjahr um 831.000 Mark auf 21,7 Millionen Mark. In der gestrigen Sitzung des Verfassungsschutzausschusses begründete der Leiter des Landesamtes, Heinz Annußek, diese Steigerung unter anderem mit den gestiegenen Personalkosten, die aufgrund von Tariferhöhungen auf die Behörde zukommen werden. Die Zahl der beim Verfassungsschutz Beschäftigten bleibt mit 308 im wesentlichen gegenüber 1991 unverändert.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/ Bündnis 90, Renate Künast, forderte in Anbetracht der generellen Sparbeschlüsse des Senats, eine Reduzierung dieses Haushaltsansatzes. Der Staatssekretär der Innenverwaltung, Armin Jäger, erklärte dazu, daß es vorerst keine Einsparungen geben werde. Man wolle vielmehr die Ergebnisse der Boeden-Kommission abwarten, um damit eine solide Grundlage für eine aufgabenkritische Prüfung zu bekommen.

Die Kommission, unter der Federführung des ehemaligen Leiters des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Gerhard Boeden, war im Sommer von Innensenator Dieter Heckelmann eingesetzt worden, um Vorschläge für eine Umstrukturierung des Berliner Verfassungsschutzes zu erarbeiten. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen. Man könne nicht, verteidigte Jäger die Haltung der Innenverwaltung, die Kommission einsetzen, deren Ergebnisse aber durch Einsparungen vorwegnehmen. Künast bezweifelte jedoch, daß Mittel, wenn sie einmal im Haushalt eingestellt sind, nicht auch ausgegeben werden.

Als neuen Aufgabenbereich übernahm das Landesamt die Überwachung des Telefonverkehrs, die bis zur Vereinigung Hoheitsrecht alliierter Dienststellen gewesen war. Bis dahin hatten sie lediglich ausgewählte Ergebnisse an den Verfassungsschutz weitergeleitet. Im Juli dieses Jahres wurde die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, daß diese sogenannten G-10-Maßnahmen von den Berliner Dienststellen durchgeführt werden. Dafür werden 122.000 Mark bereitgestellt, 27.000 Mark davon gehen an das Bundesamt für Verfassungsschutz, um die erforderliche technische Hilfe zu leisten.

Mit 1.472.000 Mark werden 1992 52.000 Mark mehr für »besondere Aufgaben« ausgegeben. Obwohl der jetzt vorliegende Haushalt des Verfassungsschutzes der erste ist, der öffentlich beraten wird, wurde dieser Posten nicht weiter aufgeschlüsselt. In der Vergangenheit verbargen sich dahinter so illustre Summen wie die gut 700.000 Mark Abfindung, die der ehemalige V-Mann Weingraber erhalten hatte.

Der Haushalt wurde gestern vom Verfassungsschutzausschuß mit den Stimmen von CDU und SPD beschlossen. Er soll nun im Hauptausschuß beraten werden. dr